Elefanten im Porzellanladen -
gewichtige Steuerungstechnik in Ilmenau

Von Zeit zu Zeit führten uns unsere Industrietouren auch nach Thüringen. Vor allem die Stadt Ilmenau war uns aus zahlreichen Literaturquellen und von interessanten Geräten aufgrund ihrer Hochschule und den Kombinaten "Glas" und "Porzellan" bekannt und schien ein lohnendes Ziel zu sein. Vor Ort zeigte sich allerdings mehrfach, dass von den alten Firmen oft nicht mehr viel übrig war. Was von den Gebäuden des Glaswerkes nicht durch neue Unternehmen genutzt wurde, war meist schon vor Jahren besenrein beräumt worden.

Auf der östlichen Ausfallstraße "Am Eichicht" lugte rechter Hand ein riesenhafter Gebäudekomplex durch die Bäume, das Henneberg Porzellanwerk, seinerzeit größtes Gebrauchsporzellanwerk Europas.


Zur Geschichte

Unter dem Namen "Graf von Henneberg Porzellan" wurde in Ilmenau bereits seit 1777 Haushaltsporzellan hergestellt. 1813 wurde die Manufaktur erweitert und in "Ilmenauer Porzellanfabrik" umbenannt. 1973 wurden mehrere Porzellanfabriken und Manufakturen im "Kombinat Graf von Henneberg Porzellan" zusammengefasst. Ab Mitte der 1970er wurde geplant, die drei großen Standorte in Ilmenau, in denen Porzellan produziert wurde, in einem völlig neuen, modernen Werk am östlichen Stadtrand zu konzentrieren (unter dem Namen NPI - Neues Porzellanwerk Ilmenau). Ab 1975 erfolgte der Bau des Komplexes mit Verladeanlage, Rohmassebunkern, Kraftwerk, Aufbereitung, Produktionshallen, Kantine, Rechenzentrum und Verwaltungshochhaus. Ende der 1970er wurde dann schrittweise die Produktion aufgenommen. 1980 arbeiteten im Werk bereits über 3000 Menschen, bis 1990 stieg diese Zahl weiter.


Werbeblatt für Henneberg-Porzellan

Mit der politischen Wende 1989/1990 verlor das Porzellanwerk rapide an Bedeutung und seine Produkte waren sowohl im Inland als auch international kaum noch absetzbar. Es kam zu Massenentlassungen und zur kontinuierlichen Verringerung der Produktion bis zu ihrer Einstellung.


Traurige Mitteilung eines ehemaligen Arbeiters

Noch so eine Mitteilung auf einer Tür

Im Jahr 2000 wurde eine neue Produktion auf einem Teil des alten Werksgeländes in Form der Firma "Hero Design" mit 50 Mitarbeitern aufgenommen, die den Markennamen "Graf von Henneberg" weiterhin nutzt. Es existiert auch ein Werksverkauf. Die großen Anlagen im Hauptteil des Werkes werden hierfür jedoch nicht genutzt. Sie wurden z.T. bereits demontiert und die Flächen als Lager, Proberäume o.ä. vermietet. Aktuell werden laut Firmenwebseite weiterhin freie Lagerflächen und gebrauchte Keramikmaschinen angeboten. Die meisten Produktionsanlagen und Gebäude warten nun auf ihren Abriss.


Unser Schwerpunkt

Uns wurde von noch vorhandener DDR-Rechentechnik im Bereich der "Masseaufbereitung" berichtet. Im ersten technologischen Schritt wurde in diesem Bereich die angelieferte Kaolinmasse behandelt und vorbereitet. Da diese Anlage sehr speziell konstruiert und teilweise mit der Gebäudestruktur über mehrere Stockwerke fest verbunden ist, wurden hier bisher kaum Anlagenteile demontiert. Der Bereich der Masseaufbereitung, in dem die Kaolinrohmasse gemahlen, gemischt und zur form- bzw. gießbaren Flüssigmasse verarbeitet wurde, war fast vollständig mit Technik der ungarischen Firma Vilati ausgerüstet.


Erster Besuch

Durch den Hinweis eines Hobbykollegen ergab sich Anfang Februar 2014 ein spontanes Treffen in Ilmenau und eine erste Außensondierung des Porzellanwerkes. Von unseren vorherigen Fahrten war uns das Objekt bekannt, damals brannte in den der Straße zugewandten Gebäuden noch Licht, aber ein Kontakt zum Werk ließ sich zuvor irgendwie nicht recht herstellen. Nun brannte kein Licht mehr und viele Gebäude machten einen aufgegebenen, teils maroden Eindruck.


Porzellanwerk Henneberg

Kommt man durch Codeeingabe rein? Wahrscheinlich nicht...

Porzellanwerk Henneberg

Silos für die Porzellan-Rohstoffe

Einige Gebäudeteile wurden nun von Speditionsfirmen als Lager genutzt. Auch schien in einem Teil noch die Reste der Porzellanherstellung aktiv zu sein. Andere Gebäude waren u.a. durch Autowerkstätten oder als Proberäume für Musiker in Benutzung. Im Erdgeschoss der "Masseaufbereitung" waren Schaltschränke zu erkennen, die wir zugleich als Industrierobotersteuerungen vom VEB NUMERIK Karl-Marx-Stadt identifizierten. Für uns stand fest: hier muss dringend Kontakt hergestellt werden.


Zweiter Besuch

Gesagt, getan: Keine drei Wochen später waren wir erneut vor Ort, diesmal ohne Schnee und Matsch, der Hobbykollege aus Erfurt ebenfalls. Nach einer herzlichen Begrüßung mit Kaffee durch einen der beiden letzten BMSR-Techniker des Werkes, der seit 1976, als Teile des Werkes noch im Rohbau waren, dabei war, erhielten wir eine durch zahlreiche technische Erklärungen illustrierte Führung durch unterschiedliche Produktionsbereiche wie Glattbrand, Dekor, Klimatisierung, Glühe und Masseaufbereitung.


Henneberg-Werkseingang

Verstaubtes Porzellan gab es noch in rauen Mengen.

Noch mehr verstaubtes Porzellan. Hier Musterexemplare.

Produktionsanlagen (Masseaufbereitung)

Produktionsanlagen (Massemühlen)

Kollermühlen in der Masseaufbereitung.

Offener Kollergang zum Mahlen.

Verschiedene Gussformen.

Automatisches Dosiergerät zum Guss von kleinen Kannen.

Hier wurde das Porzellan vor der Fahrt zum Ofen gestapelt.

Trocknungsofen mit Transportsystem.

Glasierautomat

Neben der schieren Größe der Räume und verbliebenen Anlagenteile (In einem der Zuluftkanäle hätte man mühelos einen Linienbus parken können!) beeindruckte uns die in vielen kleinen Räumen und Ecken verbliebene Technik. Uns verblüffte auch, wieviel Leben noch in dem äußerlich inaktiven Werk steckte: In aufgegeben wirkenden, durch Leckagen im Dach nassen und von Moos bewachsenen Teilen der Anlage kamen wir an großen grünen Schaltschränken vorbei, in denen noch Schaltschütze einsam vor sich hin brummten. Auch die Inspektion der Numerik-Schränke, die unser Primärziel waren, brachte eine Überraschung: Betätigte man den Hauptschalter, zogen Schütze an und die eine oder andere Kontrolllampe leuchtete auf. Beeindruckend und gleichzeitig ein deutlicher Warnhinweis, nicht achtlos an Kabel und Klemmen zu fassen.


Elektrowerkstatt

Elektrowerkstatt

Einen besonders angenehmen Eindruck hinterließ die Werkstatt des Technikers: Eine richtige Elektroniker-Werkstatt, vollgestopft mit Bauteilen, Geräten und Werkzeugen sowie den obligatorischen Eigenbau-Digitalthermometern und Messgeräten. Hätte man den Wandkalender verhängt und die beiden PCs heraus geschleppt, hätte man einen DDR-Film dort drehen können. Wir fühlten uns gleich wie zuhause und es fiel schwer, stillzusitzen und nicht ständig etwas aus den Regalen zu nehmen und zu bewundern.


Die Technik

Im Bereich der Masseaufbereitung standen zwei Hydraulik-Roboter, deren Aufgabe es war, die von der Strangpresse kommenden Porzellanstränge in 15-30 kg schwere Hubel zu schneiden, diese Massestücke mit Sauggreifern zu nehmen und auf Paletten zu stapeln.
Eine ähnliche Vorrichtung mit einem ZIM-Roboter hatten wir vor Jahren im Porzellanwerk Colditz gesehen, konnten sie aber damals aufgrund ihrer Größe und unserer Platzprobleme in Merseburg nicht bergen.


Erster Hubelroboter

Hydraulikantrieb des Roboters

Robotersteuerung IRS600 mit PEA

Bedienpult der IRS600

Zweiter Hubelroboter

Robotersteuerung IRS713 mit PEA

Blick in die IRS713

Blick in die PEA der IRS713

In der Nähe der Roboter standen zwei Industrierobotersteuerungen vom VEB NUMERIK Karl-Marx-Stadt: eine IRS600 und eine IRS713, beide in der Sonderausführung für hydraulische Antriebe. Neben den eigentlichen Steuerschränken stand jeweils ein weiterer Schrank mit der Prozess-Ein-Ausgabe (PEA). Aufgrund der Größe und des Gewichtes fotografierten wir diese Geräte vorerst nur und sicherten Zubehör, das sonst leicht verschwinden könnte: ein Lochbandleser und sowie die Handsteuerpulte.

Ein besonderes Highlight stellte die Messwarte der Masseaufbereitung dar. Sie war bis auf ein paar Kleinigkeiten noch vollständig erhalten und ließ richtiges "Kraftwerks-Feeling" aufkommen.


Warte des Prozessleitsystems.

Warte des Prozessleitsystems.

Bedienpult des Prozessleitsystems.

Bedienschrank des Prozessleitsystems.

Schild des Herstellers

Rückseite der Leitwarte
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Zu unserem Erstaunen funktionierte in diesem Raum auch noch die Beleuchtung, was die Analyse der Technik hinter den Schalttafelwänden erleichterte. Die Technik stammte weitgehend von der ungarischen Firma Vilati, bis auf einen zu einem späteren Zeitpunkt nachgerüsteten Siemens Industrie-PC samt S5-Steuerung. In den Schränken der Messwarte fanden sich allerlei Lochbänder, Unterlagen und Leiterkarten. Wie wir später feststellten, hatte es hier einmal einen ungarischen Prozessrechner gegeben, der allerdings bereits in den 1980ern wegen seiner Instabilität durch die Siemens-Technik ersetzt wurde. In klassischer DDR-Manier hatten die Leute aber viele demontierte Teile aufgehoben. Im hinteren Teil der Messwarte fand sich ein Original DDR Industriestaubsauger der Marke Omega - der fehlte uns noch, um unser Museum sauber zu halten. Außerdem gab es digitale Zählereinschübe mit schicken Ziffernanzeigeröhren.


Einige Schränke des Prozessleitsystems.

Einige Schränke des Prozessleitsystems.

Einige Schränke des Prozessleitsystems.

Einige Schränke des Prozessleitsystems.

Eine Etage unter der Messwarte befand sich ein Raum voller Relais-Paneele: der Steuerteil der Anlage. Auch hier dominierte wieder das bekannte Vilati-Grün. Die Menge an ordentlich gesteckten OMRON-Relais sah wirklich beeindruckend aus. In einem Schrank fanden sich elektronische Kleinteile und weitere Schaltungsunterlagen, die wir bargen.

Aufgrund unseres engen Zeitfensters konnten wir nicht alle Stellen besichtigen, u.a. nicht die Messwarte des Glattbrandes, welche aber keine Technik mehr enthalten sollte. Dafür fanden sich in zwei Gitterboxen in einer Halle mehrere Infralyt-Gasanalysatoren.

Wir folgten dem Techniker weiter und kamen zur Abteilung Dekor, wo neben großen Schlagscheren ein monströser Schneidroboter stand. Das Systems hieß CPR1 und bestand aus einem gut 3x4m großen Schneidtisch mit vier Schneidstellen, einem über zwei Meter hohen, sehr interessantem Steuerschrank und einem A0-Zeichenbrett mit Digitalisiereinrichtung. Die Aufschrift verriet: daro REISS Digitron - das klang so, als wollte es unbedingt zu einem späteren Zeitpunkt mitgenommen werden! Die Anlage diente dem Aussägen bzw. Perforieren der Klebedekore aus großen Pappbögen mittels stabiler Nadeln. Das geschah dann 4-fach parallel und in 18 Lagen gleichzeitig für den nötigen Durchsatz. Der Techniker sagte, dass die Anlage zu DDR-Zeiten in drei Schichten rund um die Uhr genutzt wurde, um die Produktion mit ausreichend Dekorbögen zu versorgen. Ab den 1990er Jahren wurde sie nicht mehr benutzt, da das Produktionsvolumen mehr und mehr einbrach. Ein kurzer Einschaltversuch zeigte: Auch hier war noch Strom drauf und Leben drin.


Dekoraussägevorrichtung

Sägetisch der Dekoraussägevorrichtung

Kurzer Dreh am Hauptschalter: Anlage läuft!

Dekorbeispiele

Mansfeld-Robotersteuerung.

Das Digitalisiergerät

Auf dem Rückweg kamen wir an einem BMSR-Lager vorbei. Der Techniker meinte, es sei eins von vielen, die es früher im Betrieb gab und mittlerweile recht leer. Was hinter der Tür dann in zwei Etagen, teils unter mehreren Millimetern von Staub, zum Vorschein kam, war für uns wie Weihnachtsgeschenke: Es gab PMM100 (rechnergestützte Datenschreiber aus Magdeburg), eine K1520 Bedieneinheit, URSACORD Compact Module, Translog- und (was wir bis dahin noch nicht kannten) Translog II Module, EAW S2000-Racks, einen Frequenzumrichter DDU380/16, Module und Steuergeräte, teils noch originalverpackt und reichlich Bauelemente der Elektronik und Elektrik. Weil wir offensichtlich einen interessierten Eindruck erweckten, bekamen wir zum Abschied einen selbstgebauten Computer Z1013 mit einigem Zubehör vom Techniker für unser Museum in die Hand gedrückt. Hierfür möchten wir uns nochmals ganz besonders bedanken, stellt dieses Gerät doch nicht nur ein beeindruckendes Maß an Geschick und Können, sondern auch an Kreativität und persönlichem Eifer dar.


Computer Z1013.

Beim Verstauen der ganzen Schätze kurz vor 14 Uhr zeigte sich, wie schnell man einen PKW an seine Lastgrenze bringen kann. Auf der langen Rückfahrt nach Halle musste der Rucksack beim Beifahrer auf den Schoß reisen und seine Füße waren quasi eingemauert. Hinten war das Auto auch bis zur Decke vollgestapelt.


Dritter Besuch

Mitte Mai fuhren wir zu dritt mit zwei PKW erneut nach Ilmenau. Ziel der Aktion sollte die transportfertige Demontage der beiden IRS-Schränke sowie nach Möglichkeit des Mansfeld-CPR1-Steuerschrankes sein. Zuerst musste der Schrank gefunden werden, in dem sich die Sicherungen bzw. der Hauptschalter für die beiden Roboter verbargen. Trotz intensiver Suche und Schalten aller möglicher Schalter zogen immer wieder die Hauptschütze an. Erst nach ca. 30 Minuten war das Problem gelöst und die Arbeiten konnten beginnen. Es zeigte sich, dass die IRS-Schränke innen bereits schon etwas durch die Feuchtigkeit und den Schmutz in der Masseaufbereitung gelitten hatten. Außerdem bestätigte sich die Vermutung, was ihr Gewicht anging. Nachdem wir die beiden Schränke auf Paletten gestellt und in den belebten Teil des Werkes transportiert hatten, demontierten wir wichtige Komponenten der PEAs.


Demontage der IRS-Schränke

Parallel wurde wieder fotografisch dokumentiert und in der Messwarte der Masseaufbereitung, div. Ecken und Räumen und dem Ersatzteillager Dinge gesammelt. Aus der Messwarte der Masseaufbereitung bargen wir alle verbliebenen Platinen und Unterlagen des Vilati-Rechners, da sich ein Hobbykollege mittlerweile mit dem System beschäftigte und es für interessant befunden hat. Eine Bergung der gesamten Leitwarte oder der Einausgabeanlage war für uns aus Platzgründen leider nicht möglich.

Aus dem Lager im Erdgeschoss transportierten wir die restlichen, beim letzten Besuch aus Transportkapazitätsgründen zurückgelassenen S2000-Komponenten ab.

Die Messwarte des Glattbrandes machte leider weniger her als die der Masseaufbereitung: zum einen, da sie deutlich kleiner war und zweitens, weil sie bereits Anfang der 1990er komplett auf westliche Technik umgestellt wurde. Allerdings fanden sich in einem Schrank noch mehrere Dutzend Ordner mit DDR-Schaltungsunterlagen von den Vorgängersystemen. Einige der Unterlagen sollten uns später noch bei der Inbetriebnahme unseres Audatec-Prozessleitsystems gute Dienste leisten.

Von einem interessanten, Tisch-artigen Roboter, der die Aufgabe hatte, Tassenhenkel mittels Vibration mit den Tassen zu verbinden und die Naht zu verputzen, bauten wir einen Vibrator von robotron Messelektronik Dresden sowie den passenden Sinusgenerator und Verstärker ab.

Zur Demontage der CPR1-Robotersteuerung kamen wir aus zeitlichen Gründen nicht, der Digitalisiertisch und der Schaltschrank wurden zumindest vermessen. Auf dem Typenschild stand leider kein Gewicht, aber das Teil sah wirklich schwer aus und war zudem auch 2,30m (!) hoch, gut einen Meter breit und fast 90cm tief.

Am Nachmittag konnten die beiden PKW erneut beladen werden, und sie wurden wieder gut voll.


Vierter Besuch

Das dicke Ende kommt zum Schluss, wie es so schön heißt, und so war es auch bei unserem Ilmenau-Projekt. Nachdem wir die ganzen handlichen Sachen bereits nach Halle transportiert hatten, blieben die schweren IRS-Schränke und der richtig schwere Mansfeld-Schrank samt Digitalisiertisch übrig. Auf den Abtransport des Schneidroboters verzichteten wir von vornherein aus logistischen Gründen und da wir im Museum auch keinen Platz für eine so große Anlage haben.

Am 7. Juli, wieder einem Montag, fuhren wir mit einem großen Transporter, den wir in Halle gemietet hatten und der uns schon einen Tag zuvor bei der Bergung der Steuerrechner aus dem Zeiss Großplanetarium Berlin geholfen hatte, sowie einem PKW zu viert nach Ilmenau. Die Begrüßung war wieder herzlich und trotz der Arbeit und des Chaos, welches wir vermutlich an einigen Stellen verursachten, freuten sich die Techniker, sich mit uns zu unterhalten. Und wir lauschten gespannt und gern ihren Geschichten aus dem Werk. Dann verluden wir die beiden IRS, die uns per Gabelstapler in die Nähe unseres Transporters gefahren wurden.


Verladung der IRS-Schränke

Anschließend ging es an die Demontage des CPR1-Steuerschrankes. Es stellte sich heraus, dass der Schaltschrank mit einem zusätzlichen Sockel verschweißt war. Einer der Techniker half hier mit einer Trennscheibe. Schon beim Verschieben des Schrankes auf die Palette zeigte sich, dass wir es hier mit einem echten Schwergewicht zu tun hatten und Erinnerungen an die ESER-Bergung in Markkleeberg wurden wach. Ein paar unglücklich dort im Haus geparkte PKWs machten außerdem das Navigieren des Halbtonnenschrankes auf dem Hubwagen im Flur zu einer zentimeterknappen und riskanten Sache.


Feuer frei! Abflexen des Schrankes.

Ganz vorsichtig geht's auf dem Hubwagen weiter.

Das Digitalisiergerät rollt auch auf dem Hubwagen.

Verladung des Mansfeld-Schrankes in den Transporter.

In einem Schränkchen im gleichen Raum fanden sich zu dem Gerät noch Unterlagen und Ersatzteile, die wir ebenfalls bargen. Auf dem Rückweg durchforsteten wir erneut das Ersatzteillager und es war erstaunlich, was sich wieder alles tolles fand. Zuletzt auch noch ein Colormat Farbfernseher, der als Ersatz für unseren gerade in der Restauration befindlichen Polyplay Spielautomaten dienen könnte.

Beim Aufladen des Schrankes, das die beiden Werkstechniker dankenswerter Weise mit ihrem Gabelstapler und einer Hebevorrichtung unterstützten, kamen zwischenzeitlich Bedenken an der Realisierbarkeit unseres Transports auf: Der Vermieter des Transporters hatte die Ladefläche ohne die hineinragenden Radkästen angegeben und genau dieser Platz fehlte uns. Alle Schränke passten nur liegend in den Transporter. Um sie alle unterzukriegen, mussten wir von zweien die 10cm hohen Füße und die Hebeösen demontieren. Am Ende und nach kräftezehrendem Zerren und Schieben waren endlich die drei Schränke und der Digitalisiertisch verstaut und nach hinten noch ganze 3 cm Luft zur Heckklappe.


Das Auto ist voll geworden. Hinten rechts der Digitizer.

Während die kleineren Funde im PKW verstaut wurden, gab's noch einmal eine Stippvisite im Relaisraum der Masseaufbereitung zwecks Bergung kleiner Relais. Laut einem der Techniker hatten hier kurz zuvor Buntmetalldiebe gewütet und es sollte angeblich keine Relais mehr geben. Dies wäre sehr schade gewesen, da diese Relais die Grundlage für eine Relaisuhr werden sollten. Die Schäden in dem Raum waren wirklich immens: Die schönen Relaisreihen waren mit Hämmern abgeschlagen worden und einzelne abgebrochene Relaisfüße in den Fassungen sowie Splitter in den Kabelböden zeugten davon, dass hier ganz bestimmt keine Freunde der Technik am Werke waren. Auch waren an vielen Stellen Kabel herausgekniffen und die dicken Aluminiumbodenplatten entfernt worden. Nun musste man auf den verbliebenen Trägern balancieren, wollte man nicht knapp einen Dreiviertelmeter tief in die Kabelkanäle fallen. Hinter einer Klappe fanden sich glücklicherweise noch zwei fast vollständig bestückte Relaispaneele, die wir neben div. anderen Kleinmaterial bargen.


Unsere Fuhre quert den Tunnel Behringen

Boxenstopp für das Mittagessen

Der eigentliche Transport ging ohne Probleme. Das Ausladen vor dem Museum gestaltete sich hingegen, trotz Hilfe durch einen weiteren Hobbykollegen, als kompliziert: Wir haben keinen Gabelstapler und der große Schrank steckte ausgerechnet mit dem Fuß nach vorn im Transporter. Wir bauten also ein Türmchen aus Fußbodenplatten hinter dem Transporter. Während innen mit dem Hubwagen "gehebelt" wurde, der Transporter gleichzeitig Zentimeter um Zentimeter vorwärts fuhr und hinten gedrückt wurde, rutschte der Schrank auf den Stapel Bodenplatten. Anschließend richteten wir ihn gemeinsam per Muskelkraft auf einer Palette auf, die der Schrank wohl nie wieder verlassen wird.


Fünfter Besuch

Weil wir den Hals nicht voll kriegen können und sich die Robotron-Vibratoren als spannender herausstellten als zunächst gedacht, brachen wir eine Woche nach dem großen Transport erneut zu dritt mit einem PKW nach Ilmenau auf. Ziel war neben der Demontage der restlichen Vibratoren die Bergung eines interessanten Datenschreibers, weiterer Relais-Paneele (so vorhanden) und der Wegaufnehmer der Hubelroboter.

Die Demontage der Drehgeber bei dem Roboter, der von der IRS713 gesteuert wurde, verlief problemlos. Bei dem anderen Roboter waren Linearsensoren zum Einsatz gekommen, die sich durch uns nicht demontieren ließen. Stattdessen nahmen wir einen Flaschenzug mit, der in der Nähe installiert war. Hinter der Messwarte der Masseaufbereitung fanden sich noch weitere Relaispaneele sowie nützliche Kleinteile wie Schalter, Sicherungen, Kontrolllämpchen, ein dicker Selen-Gleichrichter und ein Trafo, der in der Relaisuhr verbaut werden sollte.

Durch Zufall entdeckten wir in einem Schrank noch das vermisste Digitalkassettenlaufwerk der IRS713 sowie div. selbstgebaute Messmittel. Außerdem fand sich ein Stapel Fußbodenplatten, welche wir auch bargen, um endlich den Ständerfußboden in unserem Museum zu komplettieren. Den Abtransport ins Erdgeschoss mittels Kranbahn verkniffen wir uns aus Sicherheitsgründen lieber, wenn auch der Kran noch funktionierte, wie wir kurz zuvor festgestellt hatten. Durch den Gewitterguss am Wochenende zuvor war viel Wasser in die Masseaufbereitung eingedrungen und es war stellenweise gefährlich glitschig.


Henkelverputzmaschine

Vibratordosen

Bei den Henkelverputzmaschinen gestaltete sich die Demontage der Vibratoren aufgrund ihres erheblichen Gewichtes als komplizierter als angenommen. Allerdings fanden sich in einem nahen Lager noch lose Vibratoren und Unterlagen zu den Maschinen, die wir, wie auch ein Bedienpaneel und eine Steuerung aus einer der Maschinen, bargen. Bei einen abschließenden Kurzbesuch im Ersatzteillager kamen noch zwei Kisten Kleinmaterial und Sortierschächtelchen hinzu.

Dieser Besuch sollte unser letzter im Porzellanwerk Ilmenau sein.


Aufbau

In Zukunft werden wir uns Stück für Stück mit der Instandsetzung der geborgenen Geräte und der Analyse ihrer Funktion beschäftigen und versuchen, sie für die Ausstellung im Rechenwerk Halle wieder fit zu machen.


Digitalisiergerät und Steuerungsschrank im Museum.

Die IRS freunden sich mit dem halb-zerlegten Polyplay an.

Die beiden IRS, wieder optisch auf Vordermann gebracht.

Erste Reparaturarbeiten an der IRS.

Erste Arbeitsschritte bestanden darin, die Schränke zu reinigen: stellenweise war die Schicht aus Porzellanstaub über 1 cm dick. Außerdem hatten die Knopfzellenakkus im Inneren des Rechners Schänden durch Auslaufen verursacht, wir entfernten sie und reinigten das Umfeld so gut wie möglich.

Danksagung

Unser Dank gilt im Besonderen den beiden BMSR-Technikern des Porzellanwerkes für ihre Geschichten, Geduld, Hilfe und die Technikspenden. Weiterhin der Verwaltung des Porzellanwerkes für die Genehmigung für die Übernahme der Technik sowie die Möglichkeit, das Werk zu besichtigen.
Weiterer Dank gilt:



Letzte Änderung dieser Seite: 09.05.2023Herkunft: www.robotrontechnik.de