Computer Robotron 1715 (PC1715)
(Alias PC 1715, PC-1715, Robotron PC1715, Robotron PC 1715, CM 1904, CM-1904, SM1904, SM-1904, SM-1904)
Dieser Rechner wurde im VEB Büromaschinenwerk Sömmerda entwickelt und 1984 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Serienfertigung lief von 1985-1989 und umfasste 93.096 Geräte (PC1715 und PC1715W zusammen).
Sein Haupteinsatzgebiet war die allgemeine Büroarbeit.
Die Vorteile des Rechners bestanden in der kompakten Bauweise und dem verhältnismäßig geringen Herstellungskosten.
Nachteilig war dagegen die geringe Ausbaufähigkeit des Rechners.
Kurios ist die Vorgeschichte des Rechners:
Eigentlich sollte das VEB Büromaschinenwerk Sömmerda im Zuge der Arbeitsteilung im Kombinat
gar keine PCs produzieren, sondern sich stattdessen auf die Druckerproduktion konzentrieren.
PC waren damals eine aufstrebende und interessante Produktgruppe, auf die auch das Büromaschinenwerk aufspringen wollte.
Das Werk hatte zu diesem Zeitpunkt gute Kontakte in die Sowjetunion, in die es seine älteren Rechner Robotron 1711
und Robotron 1720 erfolgreich exportierte.
Unter dem Vorwand, eine weitere Buchungsmaschine speziell für die Sowjetunion zu entwickeln,
entstand der PC1715, deswegen anfangs als "EFBM" (Elektronische Fakturier- und Buchungsmaschine) bezeichnet.
In Wirklichkeit war das Interesse an einer Buchungsmaschine in der Sowjetunion aber nur gering,
das anfängliche Konzept auf Basis des Betriebssystems JAMB wurde schnell beendet
und das Büromaschinenwerk schwenkte auf das Betriebssystem SCP um,
das damals auch die Welt der westlichen Bürocomputer eröffnete.
Nachdem der Rechner nun einmal entwickelt war, erwies er sich als erfolgreiches Produkt.
Computer PC1715
| Rückansicht des Gerätes |
Hardware
Intern bestand der Rechner aus einem Motherboard, das die Interfaces, den Speicher und die Bildschirm-Ansteuerung enthielt.
Der Diskettencontroller befand sich auf einer eigenen Platine. Ein freier Slot war für Erweiterungen reserviert.
Als Prozessor wurde der bewährte UA880 mit 2,4 MHz Taktfrequenz benutzt.
Der Speicher war standardmäßig mit 64 KByte bestückt, konnte aber über Erweiterungseinheiten vergrößert werden,
obwohl diese Erweiterungen praktisch fast nie zum Einsatz kamen.
Die Bildschirmansteuerung war softwareseitig zwischen 80x24 Zeichen und 64x16 Zeichen umschaltbar.
Der PC1715 hatte zudem einen EPROM-Steckplatz für einen zweiten Zeichensatz,
womit die Anzeige der deutschen Umlaute oder auch fremdsprachige Arbeit, vorwiegend russisch, möglich wurde.
Vollgrafik war mit der Standardversion des PC1715 nicht möglich.
Allerdings konnten mit Hilfe des 2. Zeichensatzes (zusätzlicher EPROM) mit Semigrafik gearbeitet werden.
Über spezielle Erweiterungskarten, die aber praktisch kaum eingesetzt wurden, konnte dem PC1715 bei Bedarf die Grafikfähigkeit ermöglicht werden.
Als Bildschirm wurde ein K7222.25 eingesetzt, dessen Stromzufuhr (12V) aus dem PC-Netzteil gespeist wurde.
Zum PC1715 gab es drei Tastaturmodelle, die funktionell gleich waren, sich aber in der Form der verwendeten Tasten unterschieden.
Die ersten Modelle des PC1715 waren mit zwei Diskettenlaufwerken K5600.10 ausgerüstet.
Die Urversion des 1715. Aber wer schaut schon bei diesem Bild auf den Computer... |
Diese Diskettenlaufwerke der Urversion wurden schnell durch die moderneren Laufwerke K5601 ersetzt,
die Kapazitäten bis 800 KByte ermöglichten. Dadurch änderte sich auch die Gerätefront geringfügig.
Zusätzlich zu den beiden internen Laufwerken konnte über ein Interface an der Rechner-Rückseite
eine zusätzliche Laufwerkseinheit mit zwei 5¼-Zoll-Laufwerken oder zwei 8-Zoll-Laufwerken angeschlossen werden.
Innenansicht des PC1715. Rechts das Netzteil. |
PC1715-Motherboard
| Floppy-Controller |
Gehäuse
Der Rechner wurde in den Farben weiß oder braun ausgeliefert.
Seine Oberschale konnte nach Lösen der Rückwand-Schrauben nach vorn oben ausgehängt werden.
Da das Gehäuse nicht allzu verwindungssteif war, verzog es sich nicht selten und machen Montage und Demontage zu einem Geduldspiel.
Der Netzschalter des Rechners, der bedienerfreundlich an der Vorderseite angeordnet war, machte bei einigen Modellreihen Probleme, weshalb einige Anwender stattdessen einen externen Schalter in der Netzleitung benutzen.
Da die Netzteile des PC1715 ungesteuert geschaltet werden, konnte es bei eingelegter Diskette und geschlossenem Laufwerkshebel
beim Ein- oder Ausschalten zur softwareseitigen Zerstörung der Diskette kommen.
Die Abmaße des Metallgehäuses betrugen 500*130*400 mm (B*H*T), das Gewicht des Grundgerätes lag bei 13 kg.
Schnittstellen
An Schnittstellen besaß der Rechner:
Weitere Schnittstellen konnten bei Bedarf über eine Erweiterungskarte hinzugefügt werden.
Ausbau-Möglichkeiten:
Der freie interne Slot konnte u.a. belegt werden mit (immer nur 1 Erweiterung!):
- Erweiterungskarte IFSS
Diese Platine enthielt zwei IFSS-Schnittstellen und diente einerseits zum Anschluss von Druckern
als auch von Netzwerken.
Unter dem Betriebssystem SCP wurden die beiden Schnittstellen als DFÜ-Kanal A und DFÜ-Kanal B angesprochen.
Die Aktiv-Passiv-Einstellung wurde per Lötbrücken auf der Platine gemacht.
Baudrate, Datenbits, Stopbits und Handshaking konnten softwareseitig (mit dem Programm INSTSCP) eingestellt werden.
Der Anschluss erfolgte über zwei EFS10-Stecker (max. 500 Meter Kabellänge).
- Erweiterungskarte V.24
Diese Platine enthielt zwei V.24-Schnittstellen (schreib- und lesefähig), die zum Anschluss von Modems
bzw. GDNs genutzt wurden.
Unter dem Betriebssystem SCP wurden die beiden Schnittstellen als DFÜ-Kanal A und DFÜ-Kanal B angesprochen.
Baudrate, Datenbits, Stopbits und Handshaking können softwareseitig (mit dem Programm INSTSCP) eingestellt werden.
Der Anschluss erfolgte über zwei EFS26-Stecker (max. 15 Meter Kabellänge).
- SCOM-LAN-Netzwerkkarte.
Diese Platine enthielt eine Schnittstelle für ein SCOM-LAN-Netz und außerdem eine
IFSS-Schnittstelle (für allgemeine DFÜ).
Die Anschlüsse erfolgten über zwei EFS10-Stecker.
Die beiden Relais dienten zur Überbrückung der SCOM-LAN-Schnittstelle, wenn der Computer ausgeschaltet war,
um die Arbeit der anderen Rechner nicht zu beeinträchtigen.
Die IFSS-Schnittstelle konnte unter SCP als DFÜ-Kanal B angesprochen werden.
Die Aktiv-Passiv-Einstellung wurden per Lötbrücken auf der Platine gemacht.
Baudrate, Datenbits, Stopbits und Handshaking der IFSS-Schnittstelle konnten softwareseitig (mit dem Programm NSTSCP) eingestellt werden.
- semigrafischer Adapter GM1
Diese von der TH Leipzig entwickelte Platine realisierte die für die Benutzung des Programms
GEDIT/M8 notwendige Semigrafik.
Diese Platine wurde nur in sehr kleiner Stückzahl hergestellt und scheint nur nur noch in 2 Exemplaren zu existieren.
- grafischer Adapter
Diese Zusatzplatine ermöglichte die Nutzung von Vollgrafik über einen 2. Bildschirm.
Diese Platine wurde nur in sehr kleiner Stückzahl hergestellt und gilt heute als ausgestorben.
- Rolanet-Adapter
Mit Einbau dieser Platine wurde es möglich, den Rechner an ein ROLANET1-Netzwerk zu koppeln.
- Interface für Speicher-Erweiterung
Einige Anwender bauten sich auf BASIS der RAF512-Platine Speichererweiterungen für den PC1715.
Da das Netzteil des PC1715 für diesen Zweck zu schwach war, wurde der Speicher in ein externes Gehäuse samt eigenem Netzteil gebaut
und dieses über einen Busverbinder an den 1715 gekoppelt.
IFSS-Erweiterungskarte
| SCOM-LAN-Erweiterungskarte |
V.24-Erweiterungskarte
| Rolanet-Karte |
RAM-Erweiterungsgerät
| Grafikerweiterung GM1 |
Software
Betriebssysteme
- SCP1715
Das verbreitetste Betriebssystem des PC1715, kompatibel mit CP/M.
Ein sehr komfortables Konfigurationsprogramm (INSTSCP) ermöglichte eine Anpassung des Betriebssystems an die Hardware.
Als Diskettenformate wurden meist 16x256x80 (624k) oder 5x1024x80 (780k) verwendet.
Die Disketten waren auf Dateiebene mit dem Betriebssystem SCP1526 austauschbar.
- CP/A 1715
Dieses von der AdW geschriebene, CP/M-kompatible Betriebssystem kannte bereits die automatische Erkennung der Diskettenformate
und konnte auch als Quelltext erworben werden.
Die Disketten konnten bis zu einer Größe von 800 KByte formatiert werden, wobei auch die SCP-Formate möglich waren.
- DAC 1715
Dieses vom Dampferzeugerbau Berlin geschriebene Betriebssystem hatte ebenfalls
eine automatische Diskettenformat-Erkennung und benutzte das exotische 790k-Diskettenformat (5x1024x80).
Ein Datenaustausch auf Dateiebene mit DAC1526, SCP und CP/A war möglich.
- MICRODOS
Auch für den 1715 gab es eine Version von MicroDOS.
Sein Leistungsumfang entsprach annähernd dem von SCP.
- CP/M
Es gab auch eine seltene CP/M-Variante, die unter dem Originalname vertrieben wurde.
- BROS1715
Dieses Betriebssystem diente hauptsächlich der Kompatibilität mit dem BROS1521 auf dem Computer A5110
sowie dem SIOS1526 auf den Rechnern A5120, A5130 und K8924.
Aufgrund der geringen Menge an verfügbarer Software (insbesondere dem Fehlen kompatibler westlicher Software) konnte sich BROS nicht durchsetzen.
- JAMB
Dieses Betriebssystem diente hauptsächlich der Kompatibilität mit russischen ISKRA-Rechnern und war als ursprüngliches Betriebssystem für den PC1715 vorgesehen.
Einen produktiver Einsatz hatte es wahrscheinlich kaum gegeben.
Leider gilt auch dieses Betriebssystem heute als ausgestorben.
Anwenderprogramme
Die meisten Programme wurden für die CP/M-artigen Betriebssysteme geschrieben.
- Textverarbeitung
TP: Das Standard-Textverarbeitungsprogramm der DDR.
WORDSTAR: Das Textverarbeitungsprogramm von MicroProse (Import-Programm)
- Tabellenkalkulation
KP: Das Standard-Tabellenkalkulationsprogramm der DDR-Bürocomputer.
SUPERCALC: Die Tabellenkalkulation von SORCIM (Import-Programm)
- Datenbankprogramm
REDABAS: Das Standard-Datenbankprogramm für DDR-Bürocomputer.
Unter ihm wurden von vielen Anwendern Datenverwaltungsprogramme geschrieben.
DBASE: Das Datenbankprogramm von Ashton Tate (Importprogramm).
- Grafikprogramme
GEDIT/M8: Dieses Programm arbeitet auf der Basis von semigrafischen Zeichen.
Da der PC1715 das softwareseitige Laden eines zusätzlichen Zeichensatzes nicht gestattet,
musste für dieses Programm eine zusätzliche Grafikkarte (GM1) eingebaut werden.
SEMIGRAF: ein Geschäftsgrafikprogramm, welches Tabellen als Balkendiagramme darstellte.
Spiele
- LEITER: Ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem man eine Person durch ein Labyrinth schickt
und sich dabei vor umher rollenden Steinen in Acht nehmen muss.
- PILOTS: eine Hubschrauber-Simulation. Ist schon erstaunlich, was man mit Buchstabengrafik alles machen konnte.
- WURMI: ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem man einen immer länger werdenden Wurm durch einen Parcours schickte
und nirgends anecken durfte.
Kritik
Technisch war der PC1715 gegenüber den fünf Jahre älteren K1520-basierten Bürocomputern
(z.B. A5120) kaum ein Fortschritt: weder in der Rechenleistung, in der Speichergröße noch in der Flexibilität konnte der PC1715 punkten.
Die Tastatur des PC1715 war qualitativ minderwertig: die Tasten neigten zum Klemmen,
beim Anstoßen sprangen teilweise die Tastenköpfe ab und die darunter befindlichen Spiralfedern verteilten sich im Zimmer.
Die Kontaktgabe erwies sich gerade unter rauhen Umweltbedingungen als Katastrophe: teilweise musste man mit großer Kraft auf die Tasten drücken, um überhaupt eine Kontaktgabe zu erzielen,
irgendwann war eine Zerlegung und Innenreinigung unumgänglich, was die Entfernung von mehr als 30 Schrauben im Inneren zu einem Geduldspiel machte.
Im Vergleich dazu hatten viele andere DDR-Computer Hall-Tastaturen, die gegen solche Probleme immun waren.
Nächster Schwachpunkt war der Netzschalter:
Er neigte zu Kontaktschwierigkeiten, weshalb es bei einigen Firmen die Anweisung gab, ihn niemals zu benutzen und den Rechner stattdessen mit einem externen Schalter zu betreiben.
Auf das Konzept einer stufenweisen Abschaltung der Spannung hatte der Hersteller beim PC1715 verzichtet, was leider dazu führte, dass der Dateninhalt (speziell der so wichtige Verzeichnisbereich)
von Disketten zerstört werden konnte, wenn man den Rechner mit eingelegter Diskette ein- oder ausschaltete.
Ein ferngesteuertes Ein- und Ausschalten (z.B. per Modem) hatte man beim PC1715 nicht vorgesehen.
Die Übertragung der Betriebsspannungen zum Motherboard und innerhalb des Netzteils erfolgte über recht unzuverlässige RFT-Flachstecker,
die aufgrund fehlender Oberflächenvergütung und nachlassendem Federdruck zu Kontaktschwierigkeiten und manchmal zu Schäden an der Elektronik führten.
Als Schnittstellen besaß der PC1715 standardmäßig lediglich zwei V.24-Schnittstellen,
von der eine (als vermutlich einziger Rechner) auf einem EFS10-Stecker herausgeführt wurde.
Die Nutzung der in der DDR weit verbreiteten IFSS-Schnittstelle war nur nach Stecken einer Zusatzleiterplatte,
die dann aber jegliche weitere Erweiterungen verhinderte, möglich.
Eine Parallelschnittstelle hatte es für den PC1715 vermutlich nie gegeben.
Die Kabel an Bildschirm und Tastatur waren ziemlich kurz. Eine Unterbringung des Rechnergehäuses unter dem Tisch war damit nicht möglich.
Das Betriebssystem SCP1715 konnte zwar theoretisch von jedem Laufwerk booten, sprach aber dann zwangsweise Laufwerk A: an.
Lag in diesem Laufwerk keine passende Diskette (auch beim Booten von 8-Zoll-Diskette musste eine lesbare 5,24-Zoll-Diskette im Laufwerk A: liegen)
oder war das Laufwerk A: kaputt, war der Rechner nicht nutzbar.
Andere SCP-Systeme hatten hingegen kein Problem, von einem beliebigen Laufwerk zu booten.
Gut gelungen beim SCP1715 war das Konfigurationsprogramm: alle Systemeinstellungen unter einer bedienerfreundlichen Oberfläche zusammengefasst.
Eine interessante Funktion war der Zugriff auf die V.24-Schnittstelle vor dem Booten.
Damit konnte man per Schnittstelle ein Diagnoseprogramm in den RAM einspeisen, ohne dass dazu die Diskettenlaufwerke funktionieren mussten.
Größte Schwachstelle war der Bildschirm, dessen Zeilentrafo ÜHA78 sich als nicht langzeitstabil herausstellte und über kurz oder lang zum Totalausfall führte.
Technisch interessant war der verwendete Bildschirm-Ansteuerschaltkreis,
der bei den Konkurrenzgeräten nicht vorhanden war und die Möglichkeit von grafikähnlichen Sonderzeichen bot.
Leider wurde in der Praxis von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht, nicht zuletzt, da viele Software ungeändert vom internationalem Markt übernommen wurde.
Verbreitung
Da der PC1715 für DDR-Verhältnisse relativ preiswert war und in großer Stückzahl gefertigt wurde, erlange er eine recht große Verbreitung im Land.
Obwohl er leistungsseitig (besonders bei der Flexibilität) dem Konkurrenzprodukt A5120 allenfalls ebenbürtig war,
war er für viele Büroanwendungen der favorisierte Rechner.
Im Rahmen internationaler Zusammenarbeit wurde der PC1715 in das SKR unter dem Namen CM1904 eingegliedert.
Der Preis des Rechners lag 1986 bei 19.047 Mark, 1988 war er dann auf 15.616 Mark gesunken.
Der PC1715 hielt sich vielerorts bis zum Ende der DDR, eine Umstellung auf die nachfolgende 16-Bit-Rechentechnik erfolgte nur zögerlich.
1987 wurde für den 1715 das Nachfolgemodell PC1715W vorgestellt,
der sich durch eine Reihe von technischen Verbesserungen auszeichnete, allerdings nur eine geringe Verbreitung fand.
Heute ist der PC1715 ein beliebtes Sammlerobjekt.