Kleincomputer aus Dresden
Mitte der 80er Jahre wurden vom Robotron Forschungszentrum zwei Kleincomputer entwickelt und bei
Robotron-Meßelektronik "Otto Schön" Dresden produziert.
Sie waren für den Heimgebrauch ausgelegt (daher anfangs auch der Name "Home-Computer").
Hauptanwendungsziele waren das Erlernen von Fähigkeiten im Umgang mit Computern sowie Unterhaltung (in Form von Computerspielen).
Aufgrund der unzureichenden Stückzahlen wurden diese Rechner größtenteils an Bildungseinrichtungen und Clubs verkauft, einige waren aber auch in Privatbesitz.
Als Bildschirm wurde üblicherweise ein Fernsehgerät benutzt,
als Programmspeicher in vielen Fällen ein Kassettenrecorder.
Beide Geräte gab es in den Haushalten meist schon.
Über Steckmodule konnte der Rechner bei Bedarf schrittweise ausgebaut und an Sonderanwendungen angepasst werden.
Außer in Dresden wurden auch Kleincomputer in
Mühlhausen und in Riesa hergestellt.
Außerdem gab es in der DDR eine rege Selbstbauszene für Heimcomputer
Kleincomputer Robotron Z9001, Robotron KC85/1
(Alias Z 9001, Z-9001, KC 85/1, Z9000, Z 9000)
Die ersten Modelle wurden 1983 unter der Bezeichnung Z9001, später dann unter der Bezeichnung KC85/1 ausgeliefert.
Zur Minimalausstattung gehörte als Bildschirm ein normales Fernsehgerät und als Datenspeicher ein Kassettenrecorder.
Kleincomputer Z9001 |
Die typischen Eckdaten des Rechners waren:
- Prozessor U880 mit 2,5 MHz Taktfrequenz
- 16 KByte RAM eingebaut, über Module erweiterbar
- 4 KByte ROM eingebaut, über Module erweiterbar
- Bildschirmausgabe 40x20 Zeichen Text oder 40x24 Zeichen Quasigrafik, keine Vollgrafikausgabe
Die fehlende Vollgrafik ließ sich in vielen Fällen durch geschickten Einsatz der Zeichengrafik (Semigrafik) ersetzen.
Semigrafik im "Wissenstest Geografie"
| Semigrafik in einem Mathematikprogramm |
Bei der Verbindung des Fernsehgeräts per HF-Anschluss (VHF-Kanal 4)
erfolgte die Bildausgabe generell in Schwarz-Weiß.
Der Z9001.10 hatte nur die Schwarzweiß-Bildschirmausgabe über HF,
der Z9001.11 konnte neben der Schwarzweiß-Bildschirmausgabe über HF auch eine Farbausgabe über den RGB-Ausgang machen.
Besaß das Fernsehgerät keinen RGB-Eingang (was bei allen DDR-Fernsehern standardmäßig der Fall war),
bot der VEB Robotron-Meßelektronik "Otto Schön" Dresden einen Nachrüstsatz zum Preis von 390 Mark an.
Der Z9001 besaß eingebaute Schnittstellen für:
- Digital-Eingabe und -Ausgabe (PIO für universelle Nutzung)
Die Leitungen konnten durch einen Adapter auch als Schraubanschlüsse herausgeführt werden.
- Kassettenrecorder (zum Laden und Speichern von Programmen und Daten)
- HF-Ausgang (zum Anschluss eines Fernsehgerätes als Bildschirm)
- Joystickanschluss (digitale Spielhebel)
Adapter für die PIO-Schnittstelle |
Eine Tonausgabe war über den internen Lautsprecher oder die Diodenbuchse des Tonbandanschlusses mit anschließendem Verstärker möglich.
Erweiterungsmöglichkeiten
Der KC85 besaß weiterhin vier Slots für Erweiterungseinheiten, die man in Modulform kaufen konnte.
So gab es z.B.:
- RAM-Modul 690003.5: Erweiterung des RAM-Speichers um 16 KByte.
- ROM-Modul 690002.7: Erweiterung des ROM-Speichers um max. 10 KByte.
- Druckermodul: Anschlussmöglichkeit von Druckern mit V.24-Interface.
- Plotter-Modul: Ein spezielles ROM-Modul, das den BASIC-Interpreter um die Grafikbefehle für Tschechische XY-Plotter erweiterte
- Schreibmaschinen-Modul: Ermöglichte die Nutzung einer Erika 3004-Schreibmaschine als Tastatur und Drucker
- EPROMer-Modul: Zum Programmieren von U2716-EPROMs (2-KByte-Typen).
- Netzwerk-Modul: war in der schulischen Ausbildung vorgesehen und ermöglichte dem Lehrer, seine Bildschirmausgaben auf alle Bildschirme zu schicken.
- Spracheingabe-Modul: Damit ließ sich der KC85/1 per Mikrofon steuern
- ADU-Modul: ermöglichte die Erfassung von analogen Messgrößen, beispielsweise für Temperaturregelungen oder als Oszilloskop.
Die Steckmodule waren dieselben, wie beim KC87.
Detaillierte Informationen zu den Modulen gibt es hier.
Die ziemlich unergonomische Tastatur war Anlass für einige Verbesserungsideen:
So wurde eine Umbauanleitung zum Einbau einer Erika-3004-Tastatur in den KC veröffentlicht.
Außerdem war es möglich, über das Schreibmaschinenmodul die Schreibmaschine Erika 3004 als Tastatur zu benutzen.
Im polytechnischen Unterricht wurde der KC85 zum Teil im Zusammenspiel mit den Modulen des SEG benutzt.
Software
Das Betriebssystem Z9001-OS befand sich im ROM, war also sofort nach dem Einschalten verfügbar.
Spartanisch: das Betriebssystem Z9001-OS |
Als Grundbefehle standen zur Verfügung:
TIME | Datum anzeigen / eingeben
|
CLOAD dateiname | Binär-Programm von Kassette laden
|
ASGN | Gerätezuweisungen anzeigen / ändern
|
Weitere Befehle wurden verfügbar, nachdem sie von Kassette geladen wurden, z.B. der BASIC-Interpreter.
Dazu war den Namen des Befehls ein zugeben, gefolgt von ENTER. Beim Ertönen des Vortones war nochmals ENTER zu drücken.
Als Programmiersprachen wurden BASIC und Assembler eingesetzt.
Die Sprachen selbst dazu mussten von Kassette oder vom ROM-Steckmodul geladen werden.
Beim Nachfolgemodell KC87 war das BASIC bereits in ROM-Form fest eingebaut.
Verbreitung
Der Preis für einen KC85/1.10 betrug 1550 Mark, der des KC85/1.11 betrug 1940 Mark.
Der Kreis der KC85/1-Anwender ist heute relativ klein.
Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Rechner den Mühlhäuser KCs (KC85/2, KC85/3, KC85/4) in einigen Belangen unterlegen war.
Geschwindigkeitsseitig hatte er hingegen Vorteile, auch was die Bildschirmausgabe betraf.
Kleincomputer KC87
(Alias KC 87, KC-87)
Der KC87 war die Weiterentwicklung des KC85/1 bzw. Z9001 und wurde ebenfalls vom VEB Robotron-Elektronik Dresden entwickelt
und von 1987 bis 1989 (bis zur Serienreife des Nachfolgers A5105) produziert.
Gegenüber dem Vorgängermodell wies der KC87 einen größeren Speicher auf: 16 KByte RAM und 14 KByte ROM.
Der vergrößerte ROM wurde für ein eingebautes BASIC benutzt.
Gehäuseform und die Steckmodule waren wie beim Z9001.
Kleincomputer KC87, mit 2 Steckmodulen bestückt |
Vom KC87 gab es sechs Versionen:
- KC87.10, Grundvariante, Schwarzweiß-Ausgabe (ausschließlich auf HF)
- KC87.11, Grundvariante, Farbausgabe auf RGB
- KC87.20, Einzelhandelsversion, mit um Plotterbefehle erweitertem BASIC, ausschließlich Schwarzweiß-Ausgabe auf HF
- KC87.21, Einzelhandelsversion, mit um Plotterbefehle erweitertem BASIC, Schwarzweiß-Ausgabe auf HF, Farb-Ausgabe auf RGB
- KC87.30, Version für industrielle Anwendung, mit um Plotterbefehle erweitertem BASIC, ausschließlich Schwarzweiß-Ausgabe auf HF
- KC87.31, Version für industrielle Anwendung, mit um Plotterbefehle erweitertem BASIC, Schwarzweiß-Ausgabe auf HF, Farb-Ausgabe auf RGB
Innenansicht des KC87.10
| Innenansicht des KC87.21 |
Die Versionen KC87.2x und KC87.3x waren technisch identisch.
Die Verbindung des Fernsehgeräts per HF-Anschluss (VHF-Kanal 4) war bei allen KC87-Modellen möglich
und bot eine Bildausgabe in Schwarz-Weiß.
KC87.10, KC87.20 und KC87.30 hatten die Schwarzweiß-Bildschirmausgabe über HF,
die anderen Modelle ermöglichten neben der Schwarzweiß-Bildschirmausgabe über HF auch eine Farbausgabe über den RGB-Ausgang.
Besaß das Fernsehgerät keinen RGB-Eingang (was bei allen DDR-Fernsehern standardmäßig der Fall war),
bot der VEB Robotron-Meßelektronik "Otto Schön" Dresden
einen Nachrüstsatz für das Fernsehgerät zum Preis von 390 Mark an.
Erweiterungsmöglichkeiten
Die Steckmodule des KC87 waren dieselben wie beim KC85/1.
Detaillierte Informationen zu den Erweiterungsmodulen gibt es hier.
Als neues Modul kam das Diskettenmodul hinzu: Es war eine Entwicklung des ZFK Rossendorf
und ermöglichte zusammen mit einem 64-KByte-RAM-Modul die Benutzung von Disketten sowie des Betriebssystems CP/M auf diesem Rechner.
Zu einer Verbreitung dieser interessanten Erweiterung kam es aber nicht
und so gehören disketten-betriebene KC87 zu den seltensten DDR-Heimcomputern.
KC87 mit Floppy-Erweiterung
| Startbildschirm des CP/M |
Selbsttest beim Laden des CP/M
| Textverarbeitung TP |
Um den Mangel der fehlenden Vollgrafik auszugleichen, entwickelte Robotron ein Vollgrafikmodul,
das Grafiken auf einem Plotter oder einem Zweitbildschirm alternativ zum Textbildschirm ausgeben konnte.
Das Vollgrafikmodul wurde unter den KC gestellt (die Füße des KC rasteten in entsprechende Aufnahmen des Vollgrafikmoduls ein).
Elektrisch wurde das Modul einerseits mit dem Rechnerbus verbunden, andererseits per Diodenstecker zwischen den Rechner und den Bildschirm (RGB) geschaltet.
Das Vollgrafikmodul wurde anscheinend nur in sehr geringer Stückzahl produziert.
Heute gibt es vermutlich nur noch 1 Exemplar dieser Art.
Äußerlich kaum sichtbar: Vollgrafikerweiterung unter dem KC
| Vollgrafikerweiterungsmodul
|
Innenansicht des Gerätes |
Verbreitung
Der Preis für einen KC87 betrug für die Schwarz-Weiß-Version 3005 Mark, für die Farbversion 3390 Mark.
Eine spätere Preistabelle berichtet von 2150 Mark und 2450 Mark.
Der Kreis der Anwender des KC87 ist heute relativ klein, obwohl noch viele Computer existieren.