Computer in der Landwirtschaft

In diesem Bereich der Wirtschaft wurde Rechentechnik in eher geringem Maßstab eingesetzt, doch es gab auch her bemerkenswerte Entwicklungen. Die größte Verbreitung der EDV in der Landwirtschaft wird sicherlich in der Verwaltung bzw. Lohnrechnung gewesen sein. Die dazu benutzte Technik waren meist Standardgeräte. So ist der Einsatz von Ascota Klasse170 und von R1720 für Lohnrechnung belegt. Später kamen meist Bürocomputer A5120 und PC1715 zu Einsatz.

Die Landwirtschaft unterhielt einige Rechenzentren, in denen Großrechner zum Einsatz kamen, meist zur betrieblichen Abrechnung. Ein Beispiel dafür war das Rechenzentrum der Landwirtschaft in Markkleeberg, aus dem wir von dem Abriss einige Großgeräte bergen konnten.


Mobiles Datenerfassungsgerät MODEG

Dieses Gerät ist auf einer anderen Seite beschrieben.


Milchterminal

Von einem noch unbekanntem Hersteller stammt ein Terminal zur Datenerfassung beim Melken von Kühen. Es arbeitete intern mit einem Einchipmikrorechner UB884, ergänzt um 2 KByte ROM, in dem sich das Betriebssystem befand. Zur Anzeige dienten zwölf LED-Matrix-Module VQC10, damit wurden drei Zeilen á zwölf alphanumerische Zeichen dargestellt. Zur Eingabe wurde eine Folientastatur benutzt, wie sie auch am Computer Z1013 verwendet wurde, ergänzt um eine numerische Tastatur.


Milchterminal

Prozessorkarte und Netzteil des Milchterminals

Anzeigekarte des Milchterminals

Das Gerät wurde stationär eingesetzt. Wie die Datenübertragung zum Leitrechner realisiert wurde und welcher Typ Leitrechner überhaupt benutzt wurde, ist noch unbekannt. Welche Werte erfasst wurden, ist ebenfalls spekulativ, wahrscheinlich das Datum, die Identifikationsnummer der Kuh und die Menge der Milch.

Von diesem Gerät haben bis heute nur 2 Exemplare überlebt.
Wer hat Informationen zum Milchterminal?


Stickstoffanalysesystem NOI-6e

(Alias NOI6e)

Das Zentralinstitut für Isotopenforschung entwickelte 1987 zusammen mit Messelektronik Dresden eine Anlage, die die Verfolgung markierter Stickstoffatome (Tracer) in biologischen und medizinischen Prozessen ermöglichte. Dazu wurde das Stickstoffisotop 15N, das in der Natur normalerweise nicht vorkommt, eingespeist und sein späteres Vorhandensein mit der Anlage quantitativ nachgewiesen. Auf diese weise konnte z.B. untersucht werden, wieviel des ausgebrachtem Stickstoff-Düngers von Pflanzen aufgenommen wurden.
Die Anlage bestand aus dem Analysegerät sowie einem Steuer- und Anzeigerechner.


Messsystem NOI6E

Das Analysegerät beinhaltete eine Vakuumpumpe und einen HF-Generator. Die Proben, die in flüssiger oder gasförmiger Form eingebracht wurden, wurden nach einer chemischen Aufbereitung in einem Glasrohr durch das Hochfrequenzfeld zum Leuchten gebracht. Das Leuchten wurde von einem Spektrometer (Gitter-Monochromator mit nachfolgendem Sekundärelektronenvervielfacher) aufgefangen und die Lichtbestandteile im Anschluss grafisch auf dem Anzeigerechner dargestellt. Um ein Frequenzspektrum abtasten (wobbeln, 297,35 nm bis 299,78 nm) zu können, wurde das Gitter durch einen Schwingspaltgenerator in mechanische Schwingung versetzt. Die vorbereitenden chemischen Prozesse dauerten ca. 2 Minuten, die Messung selbst dauerte ca. 7 Sekunden und bestand aus 345 Einzelmessungen.


Messwerte. Der kleine Höcker links ist die N15-Konzentration

Der Anzeigerechner wurde der PSA-Produktion von Messelektronik Berlin entnommen. Mit seiner Fähigkeit, grafische Linien sowie Messgitter darzustellen, eignete sich das PSA perfekt für diese Aufgabe. Gegenüber der Standardbestückung wurde das PSA um einen 10-Bit-AD-Wandler, batteriegestützten RAM, einen Schwingspaltgenerator sowie ein Hochspannungsnetzteil zur Speisung des Sekundärelektronenvervielfachers ergänzt. Der Rechner berechnete für die Messungen Mittelwerte und Standardabweichung und forderte nach Beendigung der Messung zum Wechsel der Proben auf.

Das NOI6E stellte eine hochinteressante Anwendung der Rechentechnik dar.
Heute gilt die Anlage als ausgestorben.


Mähdrescher-Bordcomputer

Die Ausbeute der Getreideernte hing wesentlich mit der optimalen Nutzung der Mähdrescher zusammen: gleichmäßige Fahrgeschwindigkeit passend zur Getreideart und zum benutzten Schneidwerk, außerdem mussten die Siebe in gutem Zustand sein (keine Verstopfungen). Letztendlich war es für Abrechnung und statistische Auswertungen auch interessant, wieviel bzw. wie lange gemäht wurde.

Die dazu notwendigen Daten konnten maschinell gewonnen werden. Es lag also nahe, Geräte für die Mähdrescher zu entwickeln, die die notwendigen Daten erfassten, entsprechende Berechnungen vornahmen und relevante Hinweise an den Mähdrescherfahrer ausgaben.

In der DDR wurden meist die im Land produzierten Mähdrescher der "Fortschritt"-Serie eingesetzt. Erste Geräte zur Optimierung des Druschs entstanden zunächst ohne Computersteuerung (z.B. Verlustmessgerät VMG), was bei der damaligen Größe der Computer auch nicht anders machbar war. In den 1980er Jahren wurden Computer dann klein genug und preiswert genug, sie auch für diesen Zweck einsetzen zu können.

Die Bordcomputer der DDR lieferten lediglich Hinweise für den Fahrer. Den Schritt, den Mähdrescher durch den Computer steuern zu lassen, traute man sich allerdings nicht. Eine automatische Übermittlung der gewonnenen Daten an eine Zentrale wurde bis zum Ende der DDR ebenfalls nicht realisiert.


Elektronisches Bordsystem EBS

(Alias EBS 212, EBS-212)

Die Firma "Landtechnischer Anlagenbau Mihla" entwickelte einen Bordcomputer für den Mähdrescher E512 vom Kombinat Fortschritt. Der Produktionsbeginn des Bordcomputers ist noch unbekannt: 1985 oder eher. Das Gerät wurde im Führerstand in Reichweite des Fahrers eingebaut und konnten bei der Ernte von Weizen, Roggen, Gerste und Hafer benutzt werden.


Bordcomputer EBS212

Rückseite des EBS212

Bedienfeld des EBS212

Rechnerkarte des EBS212. Hinten Reset-Taste und Netzteil

Rechner- und Schnittstellenkarte des EBS212

Inwendig befanden sich drei Leiterplatten: Die Prozessorkarte, die Schnittstellenkarte und vorn die Anzeigekarte. Herz des Gerätes war ein Mikroprozessor U880, der von 2 KByte ROM, 1 KByte RAM, drei PIOs U855 und zwei CTC U857 begleitet wurde. Drei NiCd-Akkus sorgten für den Erhalt der Messdaten auch im ausgeschalteten Zustand. Zur Datenausgabe diente neben einigen Einzel-LEDs eine vierstellige Siebensegmentanzeige. Der EBS wurde aus dem 24V-Bordnetz des Mähdreschers gespeist, ein Gleichspannungswandler setzte die Spannung auf die Rechner-üblichen 5V um.

Welche Sensoren am Mähdrescher angebracht waren, ist noch unbekannt. Das Gerät verfügt jedenfalls über neun derartige Eingänge und zwei Ausgänge. Die Spannung für die (aktiven) Sensoren wurde vom EBS bereitgestellt.

Ob vom Hersteller, der zumindest namentlich überlebt hat, weitere Bordcomputertypen hergestellt wurden, konnte noch nicht ermittelt werden.

Vom EBS212 hat bis heute mindestens 1 Exemplar überlebt. Es befindet sich im Rechenwerk Halle, ist aber mangels Mähdrescher nicht vorführbar.


Elektronischer Bordcomputer EBC

(Alias Monitor EBC 12A-M, Monitor EBC-12A-M, Monitor EBC 14A-M, Monitor EBC-14A-M, Monitor EBC 16A-M, Monitor EBC-16A-M, Monitor EBC 17A-M, Monitor EBC-17A-M)

Entwickler dieser Geräteserie war das "Kombinat Fortschritt Landmaschinen", genau gesagt der "VEB Mähdrescherwerk Bischofswerda/Singwitz". Passend zu den Mähdreschern wurden ab 1987 verschiedene äußerlich baugleiche Bordcomputer angeboten: ...mit denen die (darauf bereits vorbereiteten) Mähdrescher nachgerüstet werden konnten bzw. beim Mähdrescherkauf schon installiert waren. Ziel war das Erreichen einer maximalen Ernteausbeute bei möglichst geringen Verlusten und möglichst geringem Zeitaufwand durch eine optimale Fahrweise des Mähdreschers. Auch zum Anzeigen des Erntefortschritts über die bearbeiteten Hektar konnte der EBC benutzt werden. Der EBC wurde auf der Ausstellung "Anwendung der Mikroelektronik" im Mai 1987 in Frankfurt/Oder als Nachfolger einer älteren Geräteserie namens VMG (Verlustmessgerät) erstmals vorgestellt.


Bordcomputer EBC16A-M

Innenleben des EBC17

Der Unterschied zwischen den Gerätetypen bestand nur wahrscheinlich darin, auf welche Typen-spezifischen Reifengrößen sie per DIP-Schalter eingestellt werden konnten, um die Geschwindigkeit, die per Umdrehungsimpuls gemessen wurde, korrekt in km/h anzeigen zu können.

Der EBC wurden im Führerstand in Reichweite des Fahrers eingebaut und konnte bei der Ernte von Weizen, Roggen, Gerste, Hafer und Mais benutzt werden, die Fruchtart wurde dazu über Auswahltasten eingestellt und beeinflusste die empfohlene Fahrgeschwindigkeit.

An der Gerätefront waren zwei Siebensegmentanzeigen. Die eine zeigte wahlweise die Fahrgeschwindigkeit, die abgeerntete Fläche, die Erntezeit oder die Zeit pro Hektar an, die andere die Ernteverluste. Weitere LEDs dienten der Warnung bei nicht-optimalem Mähdrescherlauf. Die Eingaben (u.a. die Mähbalkenbreite) erfolgten über eine Folientastatur.

Als Datenquellen dienten verschiedenen Sensoren: Herz des Gerätes war ein Mikroprozessor U880, der von 8 KByte ROM und 1 KByte RAM begleitet wurde. Eine Akkustützung sorgte für den Datenerhalt bei Stromausfällen bzw. bei abgeschaltetem Mähdrescher. Eine Kopplung des Gerätes mit anderer Computertechnik gab es nicht: die ermittelten Werte wurden am Display abgelesen und schriftlich festgehalten.


Frontblende des EBC14

Prozessorkarte des EBC17

Anzeigekarte des EBC17

Netzteilkarte des EBC17

Mit Einstellung der Produktion von Mähdreschern in Ostdeutschland in den 1990er Jahren war die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung und -Produktion der Bordcomputer nicht mehr gegeben. Andere Mähdrescherhersteller drängten auf den ostdeutschen Markt und brachten ihre eigenen Bordcomputer mit, der ostdeutsche Landmaschinenbau kollabierte.


Von den EBC haben Exemplare bis heute überlebt. Im produktiven Einsatz befindet sich aber sicher keiner mehr.


Gerät zur elektronischen Klassifizierung von Schlachtschweinen SUKLATRON

Die Grundlage für die Bezahlung der Lieferung eines Tierproduzenten an den Schlachtbetrieb bilden Quantität und Qualität des Fleisches jedes gelieferten Tieres. Die Ermittlung dieser Daten nannte sich Klassifizierung und war in der TGL 8231/02 definiert. Das dabei genutzte Verfahren nannte sich "Lenden-Speck-Quotient-Verfahren", bei dem die Tiere direkt nach der Schlachtung anhand ihrer Masse und des Quotienten aus genau definiertem Muskel- und Speckdickenmaß eingestuft werden.


Klassifizierungsgerät Suklatron

Das System SUKLATRON bot die Möglichkeit, diese Klassifizierung weitgehend automatisch durchzuführen und gleichzeitig die erfassten Daten zu speichern, um sie für die Erstellung der Vermarktungsunterlagen zu nutzen.

Das SUKLATRON bestand aus einem elektronischen Sensor und einem mikrorechnergesteuerten Auswertegerät. Für die Eingabe spezieller Daten stand eine wasserdichte Folientastatur bereit. Die Auswerteeinheit wurde von einem Prozessor U880 mit 2,5 MHz gesteuert. Es verfügte über 5 KB EPROM (U555C) und 1 KB RAM (U214). Als Zubehör stand ein Handgerät zur Längenmessung am Schwein bereit. Der Sensor arbeitete optoelektronisch und war unempfindlich gegenüber Schmutz.

Über eine V.24-Schnittstelle war ein Drucker zur Messwertprotokollierung oder ein übergeordneter Rechner anschließbar. Bei geübter Handhabung ergeben sich Taktzeiten von nicht mehr als 10s pro Schwein. Unterschiedliche technologische Abläufe im Schlachtbetrieb konnten durch Variieren der Software leicht angepasst werden.

Das SUKLATRON war eine Gemeinschaftsentwicklung des Technikums Suhl der TH Ilmenau und dem VEB Fleischkombinat Suhl. Man konnte es als Weiterentwicklung des 1986 mit der Agra-Goldmedaille ausgezeichneten Klassifizierungsgerätes "KLASSATRON" gesehen werden.

Ob heute noch ein SUKLATRON existiert, war nicht bekannt.


Kyritzer Kluppe

Hierbei handelte es sich um ein Gerät zur Datenerfassung von Bäumen, entwickelt und produziert von der Firma Maßindustrie Werdau, einer Idee der Forstwirtschaft Kyritz folgend. Der Förster hängte sich das mobile Gerät (ca. 20x20x10cm) vor den Bauch, zuvor musste eine kleine Lochbandrolle eingelegt werden. Oben auf dem Gerät war eine auswechselbare Scheibe von etwa 10 cm Durchmesser, auf der ca. 25 Baumsorten auswählbar waren. Man konnte kleine Hebel im Kreis bewegen: sie rasteten bei der gewünschten Baumsorte ein. Links und rechts des Kastens befand sich je eine aufklappbare Stange, ca. 1 Meter lang, mit parallelen Backen per Pantografengetriebe. Zwischen diese beiden Stangen wurde der Baumstamm zur Ermittlung des Durchmessers wie mit einer Flachzange eingeklemmt. Mit einem kräftigen Hebeldruck wurden dann 10 Zeichen im R300-Code auf einmal in ein Lochband gestanzt - rein mechanisch ohne Strom. Die Lochbandschnipsel bereicherten dabei den Waldboden, gleichzeitig wurde das Lochband um 10 Zeichen auf den freien Bereich weiter geschoben.


Kyritzer Kluppe

Von der Kyritzer Kluppe hat ein Exemplar überlebt, es befindet sich im Museum Görzke.
Wer kann mit Fotos helfen bzw. möchte so ein Gerät loswerden?



Letzte Änderung dieser Seite: 04.01.2023Herkunft: www.robotrontechnik.de