Datenerfassungsanlagen Cellatron
Diese Maschinen waren quasi das Zella-Mehliser Pendant
zum RANDEP bzw. zum Ascota 1370.
Hauptzweck war die Erfassung alphanumerischer Daten zur Weiterverarbeitung in Kleinrechnern,
Großrechnern, Organisationsautomaten
oder Abrechnungsautomaten.
Datenerfassungsanlage Cellatron C8031
(Alias Cellatron 8031, Cellatron C 8031)
Der VEB Rechenelektronik Meiningen/Zella-Mehlis produzierte als
Datenerfassungsgerät zunächst die lochende Schreibmaschine SE5L,
bei der aber sporadisch Fehler in den Lochungen auftraten,
was letztendlich zur Entwicklung einer neuen Anlage mit gleicher Anwendung, aber mechanisch getrennten Komponenten, führte.
Der dabei gestiegene Platzbedarf war damals wenig relevant.
C8031, wahrscheinlich ein Prototyp |
Datenerfassungsanlage C8031
| Datenerfassungsanlage C8031 |
Die C8031 bestand aus einem Tisch mit einem darauf gestellten Schreibwerk
(45 Tasten, eine Variante der Schreibmaschine SE5),
das durch Kabel mit der im Tisch eingebauten Elektronik verbunden war.
Rechts im Tisch war der Lochbandstanzer 1215 samt passivem Abwickler verbaut.
Die Lochbänder wurden ausschließlich im R300-Code gestanzt,
was neben dem R300 auch den C8205 als Partnerrechner favorisierte.
Bedingt durch das Schreibwerk lag die Verarbeitungsgeschwindigkeit der Anlage bei maximal 6 Zeichen pro Sekunde.
C8031-Tastatur
| Schreibwerkmechanik, Blick von hinten |
Schreibwerksmechanik, rechte Seite
| Schreibwerksmechanik, linke Seite |
Tastatur, rechte Seite
| Tastatur, linke Seite |
Unterseite der Tastatur
| Tastenkontakte |
Gegenüber der SE5 hatte das C8031-Schreibwerk einige Unterschiede:
- Es arbeitete ausschließlich mit Großbuchstaben (keine Segmentumschaltung), damit fielen die drei zugehörigen Umschalttasten weg.
- Die Typenhebel bekamen eine spezielle Zeichenbelegung.
- Es gab Elektromagnete zum Auslösen des Tabsprungs und des Wagenrücklaufs, ihre mechanischen Verbindungen zu den Tasten wurde gekappt.
Die Kondensatoren mussten aus Platzgründen anders angeordnet werden.
- Es besaß nur einen einfachen Tabulator zum Aufbau von Tabellen. Der motorgetriebene Dezimaltabulatorantrieb fiel damit weg.
- Es konnte elektromagnetisch seine Tastatur verriegeln.
- Es hatte anstelle des primären Riementriebs ein Zahnradgetriebe am Motor, der Motor (der auch in seiner Bauform neu war) lief deswegen rückwärts.
- Es besaß keine repetierende Leertaste und keine repetierenden Unterstreichtasten, damit entfiel die motorgetriebene Leertastenauslöse-Mechanik
und die Leertaste bekam dafür einen leeren Typenhebel, für den auf die $-Taste verzichtet wurde.
- Es besaß keine Zeilenvorschubtaste. Den Zeilenvorschub machte stattdessen der Schreibwagen beim Wagenrücklauf (Ziehen an seinem Rückzugseil) selber.
- Die Randstelltaste und die Randlösetaste fielen weg, stattdessen gab es einen Einstellschieber für den linken Rand am Wagen.
Der rechte Randsteller und das Glöckchen fielen weg.
- Der Schreibwaren des C8031 war breiter und hatte zwei ausklappbare Papierstützen.
- Den Papiereinwerfer für die Einzelblätter am Schreibwagen gab es beim C8031 nicht.
- Statt einer Netzbuchse hatte das Schreibwerk ein festes Netzkabel, der Netzschalter entfiel zugunsten des Hauptschalters im Tisch.
- An der Unterseite befand sich eine Reihe Schaltkontakte für alle Typentasten,
außerdem Mikroschalter an der Mechanik zur Erkennung des aktuellen Zustands des Schreibwerks.
Die Kontakte wurden über Messerleisten herausgeführt.
- Unterhalb der Leertaste waren Sondertasten zur Bedienung des Stanzers eingebaut.
Neben dem Originalausdruck konnten gleichzeitig bis zu drei Durchschläge erstellt werden.
Mit einem zweifarbigen Farbband konnte man bei Bedarf eine farbliche Hervorhebung bestimmter Texte bewirken.
Ein mechanischer Setztabulator und ein General-Tabstopp-Löschhebel ermöglichten die Definition von Tabellenspalten.
Für Reparaturarbeiten musste das Schreibwerk vom Tisch losgeschraubt werden, eine Servicehalterung gab es leider nicht.
Die Stanzer-Elektronik, die Zeichenkodierung und der 1-Byte-Speicher (auf Flipflop-Basis)
befanden sich rückseitig im Tisch und arbeiteten meist mit Germanium-Transistoren und -Dioden.
Gegen Ende der Produktionszeit gab es aber auch Exemplare, die bereits mit Siliziumtransistoren bestückt waren.
Eine Lesemöglichkeit für Lochbänder hatte das Gerät im Gegensatz zu den Schreibautomaten nicht.
Geöffnete Rückseite der C8031
| Elektronikeinheit der C8031 |
Platineneinheit der C8031
| Rückverdrahtungseinheit der C8031 |
Normalerweise wurden alle eingetippten Zeichen sofort auf Lochband gestanzt.
Es gab aber an der Wagenrückseite eine wechselbare Steuerschiene, die nach Ausbrechen angeritzter Zähne
die Stanzung auf bestimmte Bereiche der Zeile (Tabellenspalten) einschränken konnte.
Programmschiene mit Abtastung |
Hatte man sich vertippt, konnte das Schreibwerk mit einer Rückschrittaste um 1 Stelle zurück gesetzt werden,
der Stanzer wurde dabei ebenfalls 1 Zeichen zurückgesetzt.
Anschließend wurde das letzte Zeichen auf dem Lochband durch Ausgabe eines Irrungszeichen unwirksam gemacht.
Wurde fälschlich kein Wagentransport oder keine Stanzung ausgelöst oder schlug aus irgendeinem Grund der Typenhebel nicht auf dem Papier an,
verriegelte sich die Maschine und machte mit einer Fehlerlampe darauf aufmerksam.
Nachfolger der C8031 war die C8033.
Von der C8031 hat bis heute vermutlich nur 1 Exemplar überlebt:
Es befindet sich im Rechenwerk Halle und ist funktionsfähig.
Datenerfassungsanlage Cellatron C8033
(Alias Cellatron 8033, Cellatron C 8033, daro 1310, daro1310)
Die C8033 war der Nachfolger der C8031 und bestand ebenfalls aus einem Tisch mit einem
(wiederum auf der Schreibmaschinen SE5 basierenden) Schreibwerk,
daneben befand sich wieder der Lochbandstanzer.
Datenerfassungsplatz C8033 |
Im Gegensatz zur C8031 konnte das Schreibwerk bei der C8033 für Servicezwecke hochgeklappt werden,
wie beim OA 528.
Neu war bei der C8033 gegenüber der C8031 auch, dass man sowohl Großbuchstaben als auch Kleinbuchstaben eingeben konnte.
Ein zweifarbiges Farbband gestattete wieder die farbige Hervorhebung bestimmter Texte.
Das Schreibwerk besaß wieder einen manuellen Setztabulator zum Aufbau von Tabellen,
die Tasten der Tastatur ergaben mit Dreifachbelegung 120 unterschiedliche mögliche Zeichen.
Bedingt durch das Schreibwerk lag die Verarbeitungsgeschwindigkeit bei der C8033 bei maximal 12 Zeichen pro Sekunde.
Im Gegensatz zu den bei den Sömmerdaer Geräten verwendeten offenen Schaltkontakten
wurden bei den Cellatron-Geräten gekapselte Mikroschalter einsetzt.
An der Seite des Tischs befand sich ein Lochbandstanzer 1215
samt Abwickler, auf dem die auf dem Schreibwerk eingetippten Daten gestanzt wurden.
Das Gerät wurde auf Kundenwunsch mit unterschiedlichen Lochbandcodes ausgerüstet, beispielsweise R300-Code,
BCD-Code oder ASCII-Code,
die Lochbandbreite konnte umschaltbar 5-spurig oder 8-spurig sein.
Die in der Rückseite des Tisches verbaute Elektronik war durchweg mit Silizium-Halbleitern aufgebaut.
Das Netzteil hatte eine geregelte Stromversorgung, also analoge Module mit 12V und ca. 36V
mit Leistungstransistoren auf Kühlblechen im Postkartenformat A6.
Datenerfassungsplatz C8033
| Datenerfassungsplatz C8033 |
Reparaturen gab es an den Geräten nur wenige, da durch das manuelle Eingeben von Daten kein
Dauerbetrieb wie bei den Organisationsautomaten entstand.
Die meisten Probleme gab es durch Kontaktfehler bei den Elektronikeinschüben und dem Schlüsseleinschalter.
Die mechanische Typenhebelsteuerung verklebten nach langem Einsatz manchmal durch verharztes Fett,
was von den Serviceleuten mit Spiritus, diversen Pinseln, Bürsten und Lappen beseitigt wurde.
Die Stanzer mussten lediglich geputzt und geölt werden, manchmal brach der blaue Konfettikanal,
manchmal lief der Motor des Schreibwerks fest und wurde dann ersetzt.
Oder, wenn es keinen neuen gab, demontiert, mit Spiritus gereinigt und neu gefettet.
Das hatte dann einige Zeit geholfen.
Die Sondertasten für die Steuerung des Stanzers befanden sich bei der C8033 im Gegensatz zur C8031 auf einer separaten Steuertastatur.
Von der C8033 gab es mindestens zwei Bauformen:
- eine mit dem Schlüsselschalter an der Vorderseite und einreihiger Steuertastatur und
- eine mit dem Schlüsselschalter an der Oberseite und zweireihiger Steuertastatur
Mit Eingliederung des Herstellers in das Kombinat Zentronik wurde die Bezeichnung der C8033 in "daro 1310" geändert.
Die C8033 kostete damals 22.100,- Mark.
Bis heute haben Exemplare überlebt im Zuse-Museum Hoyerswerda und in Industriemuseum Chemnitz.