Rechentechniksammlung aus Dortmund

Es begann alles in einem Internet-Forum zum Thema Industriebrachen. Auf unsere Suchanzeige nach historischer Rechentechnik meldete ein Forumsmitglied, dass sich in Dortmund in einer Lagerhalle alte Geräte befänden. Alex, der in NRW wohnt, besuchte daraufhin das Gelände und brachte erste Fotos mit. Sie zeigten eine Halle voll eingelagerter Computertechnik, hauptsächlich Großrechentechnik westlicher Hersteller aus den 1950er bis 1970er Jahren.


Düstere Stimmung: Die Lagerhalle von außen...

...und von innen.

Computertechnik wahllos zusammen gekippt...

...und teilweise in erbärmlichen Zustand.

Monströse Rechner,...

Plotter,...

Paralleldrucker,...

Lochkartentechnik,...

Magnetbandtechnik...

...und mechanische Rechentechnik.

Gemeinsamkeit aller Geräte war, dass sie unsagbar dreckig waren. Da das Dach der Halle mittlerweile undicht war, hatten einige Geräte unterschiedlich schwere Wasserschäden. Tauben, die in der Halle übernachteten, waren verantwortlich, dass einige Geräte mit Vogelkot bedeckt waren. Die Plastikfolie, die viele Geräte ursprünglich schützen sollte, war in den meisten Fällen nicht mehr vorhanden. Buntmetallräuber hatten der Sammlung auch bereits erste Besuche abgestattet: offen stehende Geräte und abgeschnittene Kabel zeugten davon.

Westliche Großrechentechnik war für uns nicht übermäßig interessant und auch die geografische Distanz von einigen hundert Kilometern sowie unser latentes Platzproblem im Museum dämpften unseren Aktionismus vorerst.

Bei genauerer Untersuchung der Bilder stellte sich heraus, dass auch zwei ESER-Wechselplattenlaufwerke unter den Geräten waren, womit dann doch auch unser Interesse geweckt wurde.

Alex schaffte es, nach einiger Recherche einen Kontakt zur Grundstücksverwaltung herzustellen und es war auch kein Problem, den Schlüssel für die Halle zu bekommen. Dabei wurde bekannt, dass die Halle in Kürze beräumt (was also Verschrottung der Geräte bedeutet) und anschließend abgerissen werden sollte. Genaues Datum stand noch nicht fest, wir mussten zumindest damit rechnen, dass es sehr schnell gehen wird. Gegen eine kostenlose Bergung von Geräten hatte der Grundstückseigentümer nichts einzuwenden.

Unsere ersten Aktivitäten bestanden darin, die Bilderserie in verschiedenem Internetforen zu veröffentlichen in der Hoffnung, dass andere Leute Geräte bergen würden. Die Hoffnung ging auf und es meldeten sich immer mehr Interessenten, die dann auch in Gruppen in Dortmund erschienen. Immer begleitet von Alex, dessen Auto die 50 km von seinem Heimatort nach Dortmund bald fast von allein fand.


Geschichte der Geräte

Wie sich später herausstellte, handelte es sich um die Überreste des Gerätefundus des Computermuseums Aachen. Das Gebäude auf dem Hochschulgelände in Aachen, in dem sich das Museum ursprünglich befand, wurde abgerissen. So wurden die Exponate, ohne dass sich noch jemand darum kümmerte, nacheinander in verschiedenen Lagerhallen geparkt, wo sich ihr Zustand zunehmend verschlechterte.


Die Gerätesammlung ungefähr im Jahr 2000

Damals war noch alles wohlverpackt

Die Gerätesammlung, ungefähr 2005

Die Gerätesammlung, ungefähr 2005

Ein Teil der Sammlung wanderte in einer aufwendigen Bergungsaktion per Schiffscontainer in ein Museum in den Vereinigten Staaten. Die Sachen, die die Amerikaner nicht haben wollten, sind letztendlich in der Lagerhalle auf dem Dortmunder Bahnhofsgelände gestrandet.


Erster Besuch

Mitte April 2012 fuhren wir Merseburger Museumsleute zu dritt mit zwei PKW und einem Anhänger nach Dortmund. Hauptziel war es, die beiden ESER-Wechselplattenlaufwerke abzuholen. Wir waren in Dortmund nicht allein: aus allen Richtungen waren Hobbykollegen angereist, um für ihre Sammlungen Geräte zu bergen oder zumindest zu markieren bzw. zu fotografieren.


Hochbetrieb an der Lagerhalle


Und auch drinnen wird schon gearbeitet.
Täuscht das oder hat dieses Magnetbandgerät ein Gesicht?

Angenehm war, dass wir mit dem Auto bis direkt an die Laderampe fahren konnten und der Weg in der Halle keine Gräben aufwies. Die ESER-Laufwerke bis zur Rampe raus zu rollen, war kein Problem: sie hatten ja Räder unten dran; sie die Rampe herunter auf den Anhänger zu bekommen allerdings schon. Doch da andere Hobbykollegen einem LKW dabei hatten, der über einen Hebebühne verfügte, benutzten wir die gleich zum Absenken unserer Laufwerke bis auf Ladekantenhöhe des Anhängers.


Wir haben das erste ESER-Laufwerk geortet...

...und zusammen mit seinem Bruder zur Rampe gerollt.

Mit einiger Mühe werden die beiden Plattenlaufwerke...

...auf den Anhänger gewuchtet.

Auf die Reifen unseres Anhängers muss noch mehr Luft!

Eine Anker-Buchungsmaschine, obwohl kein DDR-Gerät, nahm im PKW-Kofferraum platz, ebenso ein Triumph-Adler-Computer, ein Gerät der Firma Pr1me (das wir zunächst für ein Terminal hielten), ein Robotron-K7229-Bildschirm sowie ein paar kleinere Geräte, die wir an andere Hobbykollegen weiterreichen sollten.


Diese Anker-Buchungsmaschine durfte mit,...

...der riesige Plotter leider nicht.

Bei der Begutachtung eines monströsen Lochkartensortierers, dessen Gehäuse zentimeterdick mit Taubenkacke beschichtet war, stellte sich heraus, dass dieses Gerät ebenfalls in der DDR hergestellt wurde, genau gesagt in Sömmerda. So ein Gerät zu bergen, wäre ein schöne Sache, überstieg jedoch sowohl unsere Ladekapazität als auch unsere perspektivischen Unterbringungsmöglichkeiten. Unser Versuch, dieses Gerät überhaupt irgendwie von der Stelle zu bewegen, war bereits zum Scheitern verurteilt: Wie sich später herausstellen sollte, wiegt diese Maschine 350 kg. Doch die Anfang war gemacht: wir hatten Blut geleckt und die Überlistung der Physik sollte nur noch eine Frage der Zeit sein.
Vorerst begnügten wir uns mit einer Grobreinigung des Gerätes und dem Verschließen der Geräteöffnungen zum Schutz vor Buntmetallräubern.


Der Lochkartensortierer...

...dessen Typenschild ihn als Sömmerdaer identifiziert.

Vorher: Taubenkacke ohne Ende...

Nach der Grobreinigung sieht er schon besser aus.

Lochkartensortierer

Begutachtung eines Speicherschrankes

Die anderen Hobbykollegen füllten derweil ihren LKW mit allerlei Großgeräten, die Richtung Taunus ihr neues Zuhause finden sollten.


Im LKW finden sich auch die ersten Geräte ein,...

...die für die Reise wohlverpackt wurden.

Schwertransport voraus: ESER-Technik auf der Autobahn.

Endlich angekommen: Abladung in Merseburg

Schwer beladen fuhren wir die Geräte ins Chemiemuseum. Auf eine Abdeckung des Anhängers hatten wir mangels passender Plane verzichtet und das wurde auch prompt bestraft: es fing auf der Heimfahrt an zu regnen. Wir vertrauten darauf, dass ESER-Technik robust genug ist, so etwas zu überstehen. Spät abends kamen wir in Merseburg an und verstauten die Geräte.


Zweiter Besuch

Wir wussten den Lochkartensortierer noch in Dortmund und diese Tatsache wurmte uns. Auf Anfrage beim Luftfahrt- und Technikmuseum in Merseburg stießen wir auf offene Ohren, was eine künftige Unterbringung dieses Geräts betraf. Nachdem das geklärt war, war noch das Transportproblem zu lösen. Mit einer Länge von 1,30 m war das Gerät zu groß für unseren Anhänger. Ideen, den Anhänger durch Bretter zu verlängern oder den Sortierer hochkant zu transportieren, erwiesen sich als nicht praktikabel. Außerdem erwarteten wir nach der letzten Fahrt vielleicht wieder Regen.

Die Lösung war ein gemieteter Kleintransporter, in dem wir Ende April 2012 zu dritt erneut nach Dortmund reisten. Mit uns reiste auch ein Gabelhubwagen, die Voraussetzung für die Anhebung des schweren Geräts.

In Dortmund angekommen, waren auch diesmal weitere Hobbykollegen dabei, ihrerseits Geräte zu bergen: ein Umstand, der unserem kraftaufwändigen Vorhaben sehr entgegen kam.


Durchforsten der EDV-Literatur

Auch andere Hobbykollegen standen vor Transportproblemen

Der Lochkartensortierer stand schräg auf einer zerbrochenen Europalette. Erste Arbeit war also, ihn erst einmal gerade zu stellen, was er nur sehr unfreiwillig tat. Mit Erstaunen stellten wir fest, dass sich der Lochkartensortierer ein grünes Kästchen in einen seiner Füße "eingetreten" hatte, das wir als seinen kleinen Verwandten, einen Magnetlocher Soemtron 413 identifizierten. Mit viel Kraft gelang es, beide Geräte wieder zu trennen. Der Magnetlocher (der wahrscheinlich früher mal mit Klebeband an dem Sortierer fixiert war) war arg ramponiert und ziemlich verrostet, außerdem fehlen Tastenköpfe. Wir haben ihn trotzdem mitgenommen: eine Entscheidung, die sich später als richtig herausstellen sollte. Beim Absuchen des Fußbodens haben wir noch einige Tastenköpfe entdeckt, komplett wurden sie aber nicht.


"Du hast da was am Fuß..."
Unter dem 350-kg-Nachbarn festgeklemmt: der Magnetlocher

Die nächste Arbeit bestand darin, den Lochkartensortierer zur Laderampe zu bugsieren. Offenbar war er für unseren altersschwachen Hubwagen zu schwer, der versagte unter Versprühen seines Öls auf halben Weg den Dienst. Glücklicherweise hatte einer der Hobbykollegen zufällig eine Flasche Motorenöl im Auto, mit dem wir den Hubwagen doch noch zu einer Zusammenarbeit überreden konnten.

Draußen angekommen reinigten wir den Lochkartensortierer erst mal gründlich vom Taubendreck. Dabei zeigte sich, dass sein Gehäuse darunter noch in recht gutem Zustand war.


Feinreinigung des Lochkartensortierers

Hat sich gelohnt: Gerät sieht fast wie neu aus.

Nun kam das Hauptproblem: wie das Gerät ins Auto kriegen? Die Laderampe war ½ Meter höher als die Ladekante des Transporters und wurde auch nirgends niedriger. Nachdem wir schon im Vorfeld viele Möglichkeiten abgewogen hatten, entschieden wir uns für ein gewagtes Manöver: Aus Europaletten, die zum Glück in hinreichender Stückzahl herumlagen, suchten wir die noch tragfähigsten heraus, unterfütterten sie mit herumliegenden Ziegelsteinen und bauten so eine Rampe, auf die der Transporter rückwärts hinauf fuhr. Den halben Meter Längenabstand zur Rampe überbrückten wir durch mitgebrachte, dicke Spanplatten. Mit vereinten Kräften war die Maschine dann recht schnell im Auto, wo sie mit viel Kraft abgebremst werden musste, damit sie nicht gleich vorn den Fahrgastraum zertrümmert.


Auto macht Handstand

Über diese Brücke muss sie gehen...

Ganz vorsichtig hinein damit...

Geschafft: die Maschine ist drin!

Der Lochkartensortierer wurde ganz an die Seite geruckelt,

...und der entstehende Platz sogleich mit Geräten ausgefüllt

Im Anschluss wurde der verbliebene Stauraum im Transporter bis unter die Decke mit kleinerer Technik ausgefüllt: Zwei tischgroße IBM-Lochkartenstanzer-Arbeitsplätze samt einer Kiste Lochkarten, zwei Wechselplatteneinschübe, eine Wanderer-Buchungsmaschine (deren Ständer wir aus Platzgründen zerlegen mussten), eine westliche 8-Zoll-Disketteneinheit und eine NCR-Rechenmaschine. Und auch der Hubwagen musste wieder rein, was jetzt nur möglich war, indem er verrenkt aufrecht stand. Vertäuen brauchten wir die Ladung nicht: es war echt kein Platz vorhanden, wohin irgendwas hätte verrutschen können.


Diese Chemnitzer Buchungsmaschine hatte es uns angetan

Wanderer-Buchungsmaschine, deren Gestell...

...aus Platzgründen noch zerlegt werden musste.

Der Hubwagen war im Dauereinsatz

Passt da noch was rein? Klar!

Nichts geht mehr: Finaler Füllstand.

Ob wir die Zuladung des Autos überschritten hatten, war mangels Waage nicht feststellbar. Jedenfalls stand das Auto noch ziemlich gerade und dank des vorher auf die Reifen gefüllten Überdrucks waren wir von außen unverdächtig.

So bepackt reisten wir zunächst ins Luftfahrtmuseum Merseburg, wo wir einige Stunden später wohlbehalten ankamen. Dort mussten wir das halbe Auto ausräumen, um an den Lochkartensortierer heranzukommen. Wir hatten im Vorfeld an vieles gedacht, aber nicht an eines: dass uns hier keine Laderampe zur Verfügung stand. Es gab zwar ein Eisengestell und wir hatten ja auch noch die Spanplatten von der Verladung, doch der Teufel steckte im Detail: Der Lochkartensortierer war nur 10 cm niedriger als der Innenraum des Transporters. Sobald der er hinten über die Ladekante wippte, ging er vorn hoch und hing am Dach des Transporters fest. Unsere Kraftreserven waren ziemlich am Ende, die Nerven ebenso.


Abendliche Ankunft im Luftfahrtmuseum

Die Museumsleute bestaunen ihren Neuzugang

Lochkartensortierer freundet sich mit alten Motorrädern an

Unter Einsatz eines Wagenhebers und mit unsagbarer Gewalt war es uns dann doch noch gelungen, den Lochkartensortierer aus dem Auto zu zerren. Im Vergleich dazu war der ebenfalls dort ausgeladene IBM-Lochkartenstanzerarbeitsplatz ein Leichtgewicht. Weiter ging's dann ins Chemiemuseum, wo wir die restlichen Geräte abluden und dann irgendwann nach Mitternacht und über 1000 km Wegstrecke endlich zu Hause ankamen.


Ausladen im Chemiemuseum

Unser neuer IBM-Lochkartenstanzer



Dritter Besuch

Wir hatten den größten Teil der für uns interessanten Technik in den vorigen Aktionen bereits geborgen. Zurück lassen mussten wir eine Buchungsmaschine des Herstellers "National Registrierkassen GmbH". Einerseits war sie in einem äußerlich schlechten Zustand, andererseits aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts (geschätzt mehr als 2 Zentner) schlecht zu transportieren.


Die National-Buchungsmaschine

IBM-Schreibmaschine

Doch wie es so ist, lässt man was zurück, ärgert man sich kurz danach drüber. Und je länger dieser Zustand anhielt, um so ärgerlicher wurde es. Forschungen im Internet ergaben, dass dieses Gerät anscheinend aus den 1930er Jahren stammt und heute wahrscheinlich das letzte Exemplar seiner Art ist.

Der Zufall kam uns zu Hilfe: da aus anderen Gründen eine Fahrt ins Ruhrgebiet notwendig wurde, bot sich die Möglichkeit, das Gerät auf dem Rückweg einzuladen. Das Transportmittel war diesmal ein VW Scirocco: Vom Ladevolumen her nicht allzu groß, aber bereits wohl erprobt bei der Bergung von Rechentechnik.

Hauptproblem war wieder, das Gerät von der Rampe ins Auto kriegen. Lösung waren wieder die Europaletten, die diesmal eine Brücke von der Laderampe bis in den Kofferraum bildeten. Und das Unglaubliche gelang: mit nur zwei Leuten wanderte die mehr als zwei Zentner schwere Büromaschine in den Kofferraum, den sie perfekt ausfüllte. Der noch freie Stauraum im Auto wurde mit einer IBM-Schreibmaschine ausgefüllt. Die Rückreise zum Chemiemuseum ging ohne Probleme.


Die Brücke steht!

Hatte dieses Auto schon immer so viel Tiefgang?

Doch das änderte sich, als wir versuchten, das Gerät wieder aus dem Kofferraum zu heben: Wir zerrten wie irre, doch auch zu dritt keine Chance: Die Maschine wollte absolut nicht wieder aus dem Auto raus und die Platzverhältnisse verhinderten ein optimales Anfassen. Ein paar zufällig daher gekommene Studenten packten freundlicherweise mit an und zu fünft gelang es uns letztendlich, die Maschine aus dem Kofferraum zu wuchten.


Das Ende der Lagerhalle

Noch einige Male reiste Alex nach Dortmund und half verschiedenen Leuten bei der Bergung von Geräten. Zum Glück wurde der angekündigte Beräumungstermin einige Male verschoben. Einige verbliebene Exponate wurden zwischenzeitlich von Buntmetallräubern geklaut.


Auch das Deutsche Museum München war da

Mitte 2012 war dann endgültig Schluss: Eine Schrottfirma beräumte die Halle. Alles, was zu diesem Zeitpunkt noch drin war (das betraf vor allem große Plotter, Lochkartenstanzer, Paralleldrucker), ist verschrottet worden. Sicherlich ist es um vieles davon schade, doch wir freuen uns, dass wenigstens ein Teil der Geräte gerettet werden konnte.


Umzug

Im Jahr 2013 zeichnete sich zunehmend ab, dass die Räumlichkeiten im Chemiemuseum Merseburg nicht mehr langfristig zur Verfügung stehen werden. Anfang 2014 haben wir daher alle Geräte aus dem Chemiemuseum Merseburg ins neue Rechenwerk Halle umgezogen.


Luftfahrt- und Technikmuseum

Im Jahr 2017 kam es hastig zu einer Übernahme der im Technik und Luftfahrtmuseum Merseburg stehenden Computertechnik.


Die von uns geborgene Technik

Ins Rechenwerk Halle gingen:
Ins Technik- und Luftfahrtmuseum Merseburg gingen:

Aufarbeitung der Technik

ESER-Wechselplattenlaufwerke

Zunächst haben wir diese zwei zentnerschweren bulgarischen Geräte äußerlich gereinigt und dann eingelagert. Einen passenden ESER-Rechner haben wir nicht, daher ist eine Reparatur auch erst mal nicht dringlich. Leider fehlen bei unseren Laufwerken einige Gehäusebleche: mal sehen, ob es gelingt, sie nachzufertigen.

In einem ersten Reparaturanlauf haben wir 2013 die festsitzende Wechselplatte aus dem Gerät entfernt, den Magnetkopfschlitten wieder gangbar gemacht und den Anschluss der Stromeinspeisung ausgeknobelt. Die Plattenlaufwerke wurden mit 380V Drehstrom betrieben, was uns die Reparatur erschwert, da wir nur 220V-Steckdosen haben.


Eingelagerte Wechselplatteneinheit

Beginn der Reparatur der Geräte

Aufgeklapptes Wechselplattengerät

Der Magnetkopfschlitten

Das Magnetkopfmagazin

Leiterplatteneinheit

Unsere Laufwerke waren ursprünglich in der Akademie der Wissenschaften in Buch, also ganz im Osten des Landes, im Einsatz.


Magnetlocher 413

Dieses Gerät hatte eine schwere Vergangenheit: Nachdem von der TH Ilmenau ausgemustert, kam es in das Computermuseum Aachen. Nach dessen Schließung wurde es per Klebeband an einen Lochkartensortierer geklebt, von dem es irgendwann abgefallen und die letzten Jahre unter den Füßen seines 350 kg schweren Nachbarn verbracht hatte. Das Gehäuse war dadurch arg verbeult, die Tasten z.T. weggeknickt, einige Tastenköpfe fehlten. Durch den Kontakt mit dem Fußboden hatte das Gerät angefangen zu rosten.


Kaum noch als EDV zu erkennen:
der ursprüngliche Zustand (Unterseite)

Das Gehäuse wurde so vorsichtig wie möglich wieder in seine ursprüngliche Form zurückgebogen und -gehämmert, die abgerissenen Tasten wieder geklebt und aus einem Stück Schuhsohlen-Gummi neue Tastenköpfe geschnitten.


Demontiertes, entrostetes und repariertes Innenleben

Restaurierte Tastatur

Aufwändig war die Reparatur des Innenlebens: Hierzu musste das Gerät weitgehend zerlegt und die Teile einzeln blank gebürstet werden. Die Schaltkontakte waren wie üblich so stark korrodiert, dass sie vorerst keinen Strom durchließen. Die Reparatur dauerte einige Wochen, doch es hat sich gelohnt: Aus dem Locher ist inzwischen wieder ein funktionsfähiges Gerät geworden, dem man sein früheres Schicksal kaum noch ansieht.


So sieht das Gerät nach der Restauration aus

Unterseite des Lochers. Links der neue Spannungswandler.

Um eine Arbeit des 110V-Gleichstromgeräts nun auch am 230V-Lichtnetz zu ermöglichen, haben wir einen entsprechenden Spannungswandler eingebaut.


Anker-Buchungsmaschine BN5000

Es handelt sich um eine Maschine im ungewöhnlichen Design: grünes Gehäuse, zylindrische Form und bunte Tasten, knapp zwei Zentner schwer. Hergestellt wurde sie in den Anker-Werken in Bielefeld. Vom Gehäuse her sieht man ihr die Verwandtschaft mit alten Registrierkassen an. Über den früheren Einsatzort und das Alter wissen wir nichts; wahrscheinlich wurde sie in den 1950er Jahren gebaut.


Anker-Buchungsmaschine, unrestauriert

Druckwerk

Anker-Buchungsmaschine nach der Reinigung

Vorerst haben wir Gehäuse und Tasten grob gereinigt. Ein Blick in das Innere des Druckwerks zeigt, dass die Mechanik noch in sehr gutem Zustand ist. Nachteilig bei allen Anker-Maschinen ist, dass sie jede Menge exotische Schlösser enthalten, zu denen meist die Schlüssel fehlen. Es wird aufwändig werden, diese Schlösser mit Safeknackermethoden zu öffnen und Nachschlüssel anzufertigen. Außerdem werden wir zur Reparatur Fachliteratur brauchen, die wir bislang leider noch nicht beschaffen konnten.

Die Buchungsmaschine ist nicht programmierbar, wurde aber beim Hersteller nach Kundenwunsch individuell aufgebaut. Unsere ebenfalls in Dortmund geborgene National-Buchungsmaschine scheint einen ähnlichen Aufbau zu haben, aber auch zu der haben wir bis jetzt keinerlei Unterlagen.

Mit der Reparatur der Maschine haben wir noch nicht begonnen.


National-Buchungsmaschine

Eins der urigsten Geräte, das wir jemals geborgen haben: mit seinem schwarzen Gehäuse und der zylindrischen Form erinnert es irgendwie an eine Dampfmaschine.

Entwickelt wurde sie in Amerika von der Firma "National Cash Register" in Dayton, Ohio. Hergestellt (oder zumindest vertrieben) von der Firma "National Registrierkassen GmbH" in Berlin bzw. ihrem Zweigwerk in Augsburg. Die Maschine nannte sich "Klasse 2000", ihr Herstellungsjahr ist bisher unbekannt, eventuell kurz nach 1945.

Solche Maschinen wurden meist in Banken für Geldüberweisungen eingesetzt, aber auch in großen Firmen, die damit ihre Lohnabrechnung machten. Sie besaßen eine Tastatur zur Eingabe, mechanische Rechenwerke zur Verarbeitung und ein Druckwerk für das Buchungsjournal und für Kontenkarten, Schecks oder Überweisungsscheine.


Schwerer Anfang: Die Maschine im Rohzustand

Reinigungsarbeiten an der National-Maschine

In der Vergangenheit hatte das Gerät offenbar einen Sturz erlitten, Blechteile waren verbogen, Tasten abgerissen, der Holz-Unterbau gesplittert. Vor allem war es äußerlich unheimlich dreckig.
Um dieses mehrere Zentner schwere Gerät überhaupt im Zimmer bewegen zu können, bauten wir als erstes ein passendes Rollbrett. Den gebrochenen Holzrahmen haben wir unter Zuhilfenahme riesiger Schraubzwingen geklebt, die verbogenen Bleche wieder grob gerichtet.

Bei einem neugierigen Blick ins Innenleben zeigte sich, dass dieses noch in recht gutem Zustand ist und aus dicken Gusseisenteilen aufgebaut ist, was das Gewicht (mehr als 2 Zentner) erklärt.


National-Maschine, Gehäuse abgenommen

"Herr KaLeun: Auf die Diesel können Sie sich verlassen!"

Der Antrieb der Maschine

Aktueller Zustand: Sieht wieder ganz gut aus!

Die Buchungsmaschine ist nicht programmierbar, wurde aber beim Hersteller nach Kundenwunsch individuell aufgebaut. Ein Vergleichsexemplar scheint es heute leider nicht mehr zu geben.

Zum Reparieren fehlen uns momentan Zeit, Platz und Fachwissen.
Hat jemand Handbücher zur National Klasse 2000?

Wanderer-Buchungsmaschine

Mangels Typenschild bedurfte es einiger Forschung um herauszufinden, dass es sich um eine "Continental Klasse 800" handelt, hergestellt im Wandererwerk in Chemnitz. Produktionsbeginn dieses Maschinentyps war 1934, das Produktionsende war Anfang der 1950er Jahre. Sie ist damit der direkte Vorgänger der Optimatic. Unsere Maschine wurde wahrscheinlich in den 1940er Jahren gebaut. Wo sie im Einsatz war, wissen wir nicht.

Solche Maschinen wurden ursprünglich im Finanzumfeld in Banken eingesetzt oder zur Lohnrechnung in Firmen, auch zur Lagerwirtschaft. Sie bestanden äußerlich aus einer Zifferntastatur und einem Druckwerk. Inwendig waren bis zu 9 mechanische Rechenwerke (1 saldierendes Querwerk, 6 bis 8 nicht-saldierende Längswerke) verbaut, die programmgesteuert arbeiteten. Das Programm war auf einer auswechselbaren Steckbrücke untergebracht, die sich auf dem Buchungswagen befand und die die für jede Tabellenspalte notwendigen Rechenvorgänge auslöste. Angetrieben wurde das System von einem zentralen Elektromotor.

In den Buchungswagen wurde eine Karte mit einem vorgedruckten Tabellenrahmen eingespannt. Durch Tastatureingaben und Berechnungen wurde bei jeder Buchung üblicherweise 1 Zeile bedruckt, parallel dazu das Buchungsjournal auf Endlospapier. Da die eingebauten Speicherwerke ihren Inhalt endlos lange halten konnten, konnte die Maschine auch als sicherer Speicher für Kontostände u.ä. benutzt werden.


3D-Puzzle: Das zerlegte Maschinengestell.

Wieder zusammengebaut.

Innenleben der Maschine

Innenleben der Maschine

Buchungswagen

Die Programmbrücke mit dem Buchungsprogramm

Das von uns für den Transport aus Platzgründen zerlegte Maschinengestell haben wir wieder zusammengebaut, Maschine und Gestell gereinigt und kleinere Farbausbesserungen am Gestell vorgenommen. Der Buchungswagen ist mittlerweile repariert, die Reparatur der Maschine steht noch aus. Funktionsfähige Vergleichsexemplare scheinen heute leider nicht mehr zu existieren. Leute, die sich mit diesen Maschinen auskennen, ebensowenig. Wie es aussieht, ist unsere Continental 800 heute das letzte Exemplar ihrer Art.


Entrostungsarbeiten

Gehäusebehandlung

Continental 800, äußerlich restauriert

Nach intensiver Suche haben wir inzwischen die ersten technischen Dokumentationen zur Maschine zusammengetragen. Im Moment scheitert die weitere Inbetriebnahme im Wesentlichen an mangelnder Zeit.


IBM-Schreibmaschine

Es handelt sich um eine professionelle elektrische Schreibmaschine Typ C, wahrscheinlich aus den 1960er Jahren, hergestellt in Frankreich. Wo sie früher im Einsatz war, wissen wir nicht.

Wir begannen mit der Reinigung des Gehäuses, anschließend mit dem Ölen und gangbar-machen des Innenlebens. Dabei fiel auf, dass die Spiralfeder, die den Papierwagen zurückziehen soll, gebrochen war. Da der Bruch ziemlich am Ende der Feder lag, beschlossen wir, die Feder entsprechend zu kürzen. Das Einbringen eines neuen Langlochs in den spröden Federstahl erwies sich dabei als Herausforderung, außerdem war bei der Demontage ein Kunststoffrad heruntergefallen und zerbrochen, was sich mit gutem Kleber aber wieder reparieren ließ.


Die Schreibmaschine, noch unrestauriert

Die Schreibmaschine nach der Restaurierung

Reparatur der Maschine

Operation am offenen Herzen

Im Farbbandantrieb hatten wir zwischenzeitlich ein kleines Kunststoffzahnrad entdeckt, das (vermutlich wegen Materialschrumpfung) gerissen ist und das wir auch wieder geklebt haben.

Inzwischen schreibt die Maschine wieder und ist vorführbereit im Rechenwerk Halle ausgestellt.


Pr1me-Fernschreiber

Wir hatten dieses Gerät mitgenommen in der Annahme, es sei ein schreibendes Computerterminal. Anhand der Beschriftung der Hebel kamen wir bald darauf, dass es sich stattdessen um einen Fernschreiber handelt. Schön an diesem Gerät ist jedenfalls das futuristische Design und die Farbgebung. Das Oberteil des Geräts ist übrigens unlösbar mit dem Standfuß verbunden.


Gerät im Zustand wie vorgefunden...

...und nach der Überarbeitung

Sowohl äußerlich als auch innerlich war das Gerät unsagbar verdreckt. Aber mit viel Mühe und jeder Menge Lösungsmittel haben wir es wieder schön sauber bekommen. Die Mechanik ist inzwischen auch aufgearbeitet, der Papiervorschub funktioniert. Mangels passender Gegenstelle konnten wir den Echtbetrieb aber noch nicht ausprobieren.


Triumph-Adler-Computer TA1620

Bei diesem Gerät glaubten wir zunächst, dass es sich um ein Terminal handelt, da es keine Diskettenlaufwerke besaß. Bei späteren Recherchen kamen wir darauf, dass zu dem Gerät eine externe Disketteneinheit gehört und dass das Gerät der Server in einem Mehrplatzsystem war, das bevorzugt in Anwaltskanzleien benutzt wurde. Inwendig ist der TA1620 aus einem Stapel großer Leiterplatten aufgebaut, basierend auf zwei Prozessoren TI9900.

Wir begannen mit der Reinigung des Gehäuses und dem Ankleben der abgegangenen Gehäuseteile. Mit seiner orangen Bildröhre und dem ungewöhnlichen Gehäusedesign ist diese Maschine jedenfalls ein echter Blickfang.


TA1620 nach der Überarbeitung

Beim Versuch, das Gerät mit Strom zu versorgen, kam es sofort zum Kurzschluss. Jahre später zeigte eine genauere Untersuchung die Ursache: defekte Kondensatoren im Netzteil und defekte Tantalkondensatoren auf den Leiterplatten. Seit ihrer Ersetzung zeigt der Rechner eine Art Testbild an, tut aber dann nichts mehr. Mangels Vergleichsgerät kommen wir hier erst einmal nicht weiter.

Es zeigte sich, dass wir auch die passende Disketteneinheit aus Dortmund mitgenommen hatten, ein weiterer Schritt zur Inbetriebnahme. Im Jahr 2016 restaurierten wir die Disketteneinheit, die in ihrem Gehäuse außer einem Netzteil zwei Shugart-SA801-Laufwerke beinhaltet. Dabei kam auch ein Aufkleber zum Vorschein, der als ursprünglichen Einsatzort das Zoologische Institut der Uni Aachen verriet. Leider fehlt uns nach wie vor eine Systemdiskette.


IBM-Lochkartenstanzer

Diese Maschinen wurden in den 1950er und 1960er Jahren zur Ablage von Daten oder Programmen auf Lochkarten benutzt. Das Gerät arbeitete autonom, also ohne Kopplung mit einem Rechner. Die leeren Lochkarten wurden auf der rechten Seite als Stapel eingelegt, tastengesteuert wurde jeweils eine davon zur Stanzung entnommen. Anschließend wurden per Tastatur die Daten eingegeben und gleichzeitig in die Karte gelocht. Bei einigen Modellen war auch ein Druckwerk eingebaut, das den Dateninhalt parallel dazu auf die Karte druckte. Das Gerät besaß eine spezielle Steuerlochkarte, durch die spezifiziert wurde, wo auf der Lochkarte die Daten gestanzt werden sollen. Abschließend wurde die Lochkarte per Tastendruck auf einen Ablagestapel an der linken Geräteoberseite transportiert. Die so gefüllten Lochkarten wurden entweder in Lochkartensortierern, Tabelliermaschinen oder Großrechnern weiterverarbeitet. Wo unser Gerät früher im Einsatz war, wissen wir nicht. Denkbar ist die Hochschule Aachen.


Entrostung des Kartenschachts

Reinigung des Stanzertischs

Äußerlich sieht er nun wieder schick aus!

Bei unserem Gerät begannen wir vorerst mit der äußerlichen Reinigung und dem blank-bürsten der korrodierten Metallteile. Viele Probleme steckten im Kartentransport, entweder griff er ins leere, warf die Karten mittendrin aus oder zerknüllte sie. Es bedurfte vieler Stunden, bis die Karten wieder unbeschädigt auf der linken Maschinenseite landeten. Interessantes Detail: die Kartenverarbeitung erfolgt bei diesem Gerät nicht sequenziell, sondern es sind mehrere Karten gleichzeitig in Umlauf. Damit sollte die Wartezeit während des Kartenlaufs verringert werden.

Das Stanzfeld war durch verquollene Kartenreste und Rost vorerst funktionsuntüchtig, das bedurfte einer tiefgreifenden Reinigung.


Reparatur der Lochkartenbahn

Reparatur der Lochkartenbahn

Einstellen der Kartenbahn

Reparaturen an der Tastatur

Als ebenfalls kritisch erwies sich die Tastatur: sie enthielt außer den Kontakten jede Menge Mechanik, die zum Blockieren der Maschine führen konnte. Die Steuerelektronik, die übrigens weitgehend relaisgesteuert arbeitet, hatte hingegen fast keine Fehler .

Noch unrepariert ist der Druckkopf des Gerätes: Mit ihm druckt der Stanzer die eingegebenen Daten zusätzlich auf die obere Kante der Lochkarte. Der Zeichensatz dazu wird mechanisch durch eine kuriose Metallplatte, die wie ein Kreuzworträtsel aussieht, gewonnen. Wir haben die Druckmechanik zwar gangbar gemacht, aber wissen noch nicht, wie die Metallplatte korrekt eingestellt werden muss. Da diese Funktion aber sowieso nicht sehr publikumswirksam ist, haben wir damit keine Eile.

Die Maschine stanzt wieder und ist vorführbereit im Rechenwerk Halle ausgestellt.


Rechenmaschine Addo-X

Diese Maschine wurde von der schwedischen Firma Addo hergestellt. Sie verfügt über den Anschluss eines elektrischen Zusatzgerätes, möglicherweise eines Lochkartenstanzers. Inwendig wird sie durch einen Elektromotor angetrieben.


Addo-X im Urzustand

Addo-X nach der Intensiv-Reinigung

Die Reparatur des Gerätes steht noch aus.


Rechenmaschine NCR datacap 152

Unsere Kleinbuchungsmaschine "Klasse 152" mit ihren farbenfrohen Tasten wurde in Amerika gebaut. Sie verfügt über eine Volltastatur und wird inwendig durch einen Elektromotor angetrieben. Die Datenausgabe erfolgt parallel auf einer Reihe Zifferntrommeln und auf einem Streifendruckwerk auf Typenstangenbasis. Kurios ist eine irgendwie nutzlose weitere Reihe Zifferntrommeln im Inneren des Gerätes, die von Außen gar nicht sichtbar sind. Die Maschine hat einen speziellen Zeichensatz, der eine maschinelle Lesung (OCR) der Ausdrucke durch andere Geräte ermöglicht. Ungewöhnlich ist auch die teilweise koreanische Beschriftung der Tasten.


geöffnete NCR-Buchungsmaschine

fertige NCR-Datacap

Wie immer begannen wie unsere Restaurierungsarbeiten mit der Reinigung des Gehäuses.
Die Mechanik wollte sich innen zunächst gar nicht bewegen, die Maschine war in der Vergangenheit irgendwann mitten im Rechenvorgang stehen geblieben. Es zeigte sich, dass sie teilweise modular aufgebaut ist, und so konnten wir durch Abbau von Modulen die Fehlerursache einkreisen. In ihrem Inneren hat die Maschine eine zentrale Achse, auf der nebeneinander wie die Wirbel einer Wirbelsäule Gelenke angebracht sind, für jede Ziffernstelle eins. Diese Gelenke waren durch Fettverharzung an der Achse festgeklebt. Leider war es unmöglich, die Achse in diesem Zustand schadlos auszubauen. Es bedurfte jeder Menge Lösungsmittel, Kriechöl und stundenlangem Rütteln an den Mechaniken, bis sich Gelenk für Gelenk allmählich wieder lockerte.

Inzwischen funktioniert die Maschine wieder, allerdings ist es uns immer noch nicht gelungen, ein Handbuch dafür zu finden.

NCR ist die Abkürzung für "National Cash Register". Die Datacap stammt damit vom gleichen Hersteller wie unsere ebenfalls in Dortmund geborgene National-Buchungsmaschine.


Lochkartensortierer 433

Der Lochkartensortierer 433 wurde Anfang der 1960er Jahre im Büromaschinenwerk Sömmerda gebaut und diente dazu, Stapel datenhaltiger Lochkarten nach festlegbaren Kriterien zu sortieren bzw. Karten mit bestimmten Kriterien aus dem Stapel zu entfernen. Die übrig bleibenden Lochkarten wurden dann üblicherweise in einem Computer verarbeitet. Vorbesitzer unseres Sortierers war die Hochschule Ilmenau, über Aachen, Dortmund und Merseburg kam es nun nach Halle. Der Sortierer bekam seinen Aufstellplatz gleich am Eingang des Museums, wegen seines Gewichts von über 300 kg will er dort auch nicht mehr weg. Nach bisheriger Erkenntnis handelt es sich um das letzte Exemplar seiner Art, damit würde es schwer werden, Wissen, Literatur und Ersatzteile zu finden, trotzdem wollten wir eine Wiederinbetriebnahme wagen.


Verladung des Lochkartensortierers

Abladung des Lochkartensortierers

Die meisten Komponenten des Lochkartensortierers arbeiten mechanisch: Das Abnehmen der untersten Karte aus dem Stapel, der Transport in die Leseeinheit, der Transport zum Ablagefach, die Steuerung der Tür des Ablagefachs und das Ablagefach selbst. Außerdem gibt es elektrische Komponenten, wie den zentralen Antriebsmotor, Schaltschütze und einige auf Röhren basierende Steuerkomponenten.

In Dortmund hatten wir den Sortierer zentimeterdick mit Taubenkot bedeckt vorgefunden. Bei der Abbauaktion und später im Luftfahrtmuseum wurde das Gerät bereits äußerlich gereinigt. Mit der Zerlegung des Geräts kam auch inwendig immer mehr Schmutz zum Vorschein, außer Taubenkot auch Unmengen von Papierstaub, der sich mit Maschinenöl zu betonartigen Krusten vereinigt hatte. Offenbar wurden Wartung und Reinigung des Geräts schon während des produktiven Einsatzes ziemlich vernachlässigt.


Lochkartensortierer 433, geöffnet

geöffnete Rückseite des 433

Während der schlechten Lagerung in Dortmund hatten viele Metallteile unter der Luftfeuchtigkeit gelitten. Daher mussten wir alle Teile, die mit dem Kartentransport zu tun hatten, per Elektrodrahtbürste polieren, was einige Wochen in Anspruch nahm. Als echtes Problem stellten sich die mechanischen Speicher heraus, die auf jedem Ablagefach sitzen und ein zeitrichtiges Öffnen der Fachtüren bewirken sollen. Von diesen Speichern sind vier Stellstücke zerbrochen. Hier werden wir um eine Nachfertigung nicht herum kommen, noch wissen wir aber nicht, wie wir das gehärtete Rohmaterial passend schneiden oder schleifen können.


gereinigte Kartenbahn, obere Rollen demontiert

gereinigte Leseeinheit, obere Walzen demontiert

mechanischer Speicher

Original wurde das Gerät mit 380V Drehstrom betrieben, was inkompatibel mit unseren Anschlussmöglichkeiten war. Wir klemmten daher den Motor von Sternschaltung auf Dreieckschaltung um und bauten einen Steinmetz-Kondensator für den Betrieb an Einphasenstrom ein. Zunächst lief der Motor damit nur mit Anschieben an, später zeigte sich, dass die Schwergängigkeit dabei eine entscheidende Rolle spielte. Je mehr Schmutz wir entfernten und je mehr Lager wir schmierten und locker wackelten, um so williger wurde der Motor. Grundsätzlich müssen wir beim Umgang mit dem Motor, der durchaus eine Kreissäge antreiben könnte, wegen der Unfallgefahr recht vorsichtig sein.

Die Elektronikkomponenten liefen von Haus aus mit 220V, wir mussten also ihre Stromversorgung nur auf eine gemeinsame Phase umklemmen. Eine Röhre fehlte bereits. Nach Analyse der Verdrahtung ließ sie sich als Gleichrichterröhre EYY13 identifizieren, Ersatz war bald gefunden. Die anderen Röhren (S1,3/0,5iV und ECC962) waren zum Glück noch vorhanden, eine davon stellte sich aber als defekt heraus. Unter Strombegrenzung fuhren wir die Netzteile wieder ein, die Elkos formierten sich im Laufe eines Tages wieder, kein einziger musste ersetzt werden. Beim Netzfilterkondensator hatten wie dieses Glück nicht, seine Vergussmasse war Lava-artig nach außen gequollen, offenbar schon damals in der Zeit der produktiven Nutzung. Wir klemmten das Bauteil kurzerhand ab.


glühende Thyratrons in der Elektronikeinheit

Rückverdrahtung der Elektronikeinheit

Jetzt haben wir das Gerät soweit, dass es Karten vom Stapel abnimmt und durch die Leseeinheit bis ins Restefach transportiert. Die Arbeiten am Sortierer werden fortgesetzt.


Danksagung

An der Aktion haben mitgewirkt:

Links

Rechenwerk Halle
Chemiemuseum Merseburg
Luftfahrt- und Technikmuseum Merseburg



Letzte Änderung dieser Seite: 09.05.2023Herkunft: www.robotrontechnik.de