Geschichte der Thermodrucktechnik in der DDR

1976 wurde im Büromaschinenwerk Sömmerda, dem zentralen Druckerhersteller der DDR, mit den Forschungsarbeiten begonnen. Für die Seele des Thermodruckers, den Druckkopf, wurde von einem Forschungsteam von Robotron in Dresden (Fachbereich E76) und dem Institut M.v.Ardenne (IvA) die Technologie zur Herstellung in Dünnschichttechnik bearbeitet. Westimporte kamen ja nicht in Frage und so mussten vorhandene Möglichkeiten im eigenen Land genutzt und weiterentwickelt werden. Das war vor allem die technologische Basis des IvA.
Die Entwicklung führte zu einem Dünnschicht-Druckkopf auf Glassubstrat obwohl die restliche (westliche) Welt noch auf Dickschichttechnik setzte. Die DDR war dabei also der Zeit voraus, wie man aus heutiger Sicht feststellen kann.
Der Druckkopf war alphanumerisch und hatte eine Auflösung von 60 Punkten/Zoll, d.h. Druckzeichen im Raster von 5x7. (Heute liegt die Spitzenwerte bei 600dpi). Die Fertigung des Druckkopfes erfolgte in den Keramischen Werken Hermsdorf.

Mit diesem Druckkopf wurde das Streifendruckwerk TSD16/1 realisiert. Dazu gehörte eine Leiterplatte im K1520-Format, auf der sich ca. 100 Transistoren mit der entsprechenden Anzahl Widerständen und einigen TTL-Schaltkreisen für die Ansteuerung der 80 Heizpunkte und des 3-Phasen-Schrittmotors befanden.
Eine zweite Leiterplatte aus dem K1520-System enthielt die Prozessorsteuerung auf Basis des U880.


Thermodruckwerk TSD16/1

Eine entscheidende Rolle für die Akzeptanz der Thermodrucktechnologie spielt die erreichbare Druckqualität. Diese wird maßgeblich vom Thermopapier bestimmt, und das war in der DDR mehr als schlecht. Über Jahre wurde versucht, gemeinsam mit der Papierfabrik in Bad Muskau die Qualität des Thermopapiers zu verbessern - leider mit nur recht mäßigem Erfolg.
Es scheiterte einmal mehr an den begrenzten technologischen Möglichkeiten, sodass das bräunliche Papier der Thermokopierer die einzige Wahl blieb. Die aggressiven Bestandteile des Papiers reduzierten die Lebensdauer der Thermodruckköpfe und der geringe Kontrast machte die Ausdrucke schlecht lesbar. Darunter litt die Akzeptanz dieser Geräte erheblich.

Zwischenzeitlich wurde versucht, zusammen mit einem Halbleiterkombinat in Kiew neue Druckköpfe zu entwickeln. Dort setzte man auf Heizpunkte aus Halbleiterwiderständen. Diese Zusammenarbeit wurde aber abgebrochen, weil keine Fortschritte zu erkennen und die bürokratischen Hürden unüberwindlich waren.

Mit dem Aufkommen der I²L-Technologie im Halbleiterwerk Frankfurt/Oder ergab sich ab 1981 die Möglichkeit, unter Mitwirkung von Mitarbeitern der Sektion 9 der TU Dresden und den o.g. Partnern einen Druckkopf mit integrierter Ansteuerung zu entwickeln wie es international üblich war. Der Schaltkreis hatte die Bezeichnung D716X. Er enthielt ein 16-stufiges Schieberegister mit nachfolgendem 16-bit Zwischenspeicher und 16 Treiberstufen für 150mA/15V.

Basis für den Thermodruckkopf ITK80 war ein Keramiksubstrat und ein neues Schichtsystem. Die fünf Chips wurden gehäuselos verarbeitet und gemeinsam mit einem Metalldeckel verschlossen. Später gab es auch Versuche, sie zu vergießen.
Für die Fertigung des Druckkopfes wurde im Büromaschinenwerk Sömmerda eine komplette Fertigungslinie mit Lithografie, Sputteranlagen, Automatikbondern und Prüftechnik installiert, weil die Keramischen Werke Hermsdorf kein Interesse an der Fertigung zeigten.
Auch hier galt also die in der DDR übliche Regel: Wer etwas brauchte, musste es sich selbst herstellen.

Auf der Fertigungslinie wurden auch die Druckköpfe für den TD40/ K6303 (ITK240), K6304 (SDK8/10/11), K6302 und K6306 (ITK160) gefertigt. Für die Weiterentwicklung des hochtemperaturbeständigen Schichtsystems insbesondere für die Spaltendruckköpfe des K6304 wurde auch die AdW Jena bemüht.

Der Drucker K6301 hatte eine komplette Steuerung mit paralleler und serieller Schnittstelle auf Basis des UB8820M mit einem sowjetischen EPROM K573RF2. Die Fertigung des Druckers erfolgte im Betriebsteil Halberstadt des Büromaschinenwerk Sömmerda. Das Druckwerk wurde vor allem in verschiedenen Messwertdruckern und als Streifendrucker in druckenden Tischrechnern eingesetzt und diente als Ersatz für mechanische Druckwerke.


Thermodruckwerk K6301

In einer Variante mit einer stromsparenden CMOS-Steuerung soll ein Exemplar sogar in den Weltraum geflogen sein.

Die Entwicklung des Druckers TD40/K6303 wurde durch die französische Firma Alcatel initiiert, die für ihr telefongestütztes Informationssystem MINITEL einen Drucker entwickelt haben wollte.



Thermodrucker TD40

Der abgebildete TD40 im bräunlichen Kunststoffgehäuse war ein Designmuster und hatte eine abgesetzte Stromversorgung. In dieser Form wurde das Gerät nie produziert.

Das Projekt mit Alcatel platzte, weil unter den gegebenen Bedingungen die Entwicklung nicht durchführbar war. Deshalb wurde umdisponiert und es entstand das als K6303 bezeichnete Gerät für den Binnenmarkt, das in größeren Stückzahlen produziert wurde. Es gab davon Varianten mit Centronics und V.24/IFSS als Schnittstellen. Der K6303 wurde hauptsächlich als Messwertdrucker in der Prozesssteuerung eingesetzt. Zum Thermodruck wurde deshalb auch mit dem Messgerätewerk "Magdeburg" kooperiert.

Ursprünglich war bei der Entwicklung an eine nichtmechanische Schreibmaschine gedacht worden. In der Firma "Markant" in Radebeul wurde auch die Entwicklung des notwendigen Farbbandes (Transferband, bei dem die Farbe mittels Wärme auf das Papier übertragen wird) begonnen, es scheiterte aber letztlich an der technologischen Umsetzung. Als Vorbild diente das Farbband Canon S50.
Da für die aufkommenden Heimcomputer ein preiswerter Drucker benötigt wurde, ergab sich hier eine neue Einsatzmöglichkeit: der Drucker K6304.


Thermodrucker K6304

Vom Gerät K6304 gab es auch eine Exportvariante für das westliche Ausland unter dem Namen "Silentrix TP048", die sich äußerlich nur in der Farbgebung unterschied, aber mit Transferbandkassetten von Canon zum Bedrucken von Normalpapier arbeiten konnte. Außerdem war die Elektronik leistungsfähiger, weil auf westliche Bauteile zurückgegriffen werden konnte. Das Zeichenraster wurde von 5x9 auf 9x11 Pixel vergrößert.
Auch vom K6304 gab es eine Version für das französische Teletext-System, die aber auch nicht zur Serie geführt werden konnte.

Das Druckwerk BLD160 war eine Kundenentwicklung für die bundesdeutsche Fa. Bizerba, die es in ihren Waagen einsetzen wollte. Hier wurden technische Parameter zugesagt, die die vorhandene Technologie nicht hergab. Diese Entwicklung endete mit einer Bruchlandung und kostete, wenn die Gerüchte stimmen, 1 Mio. Valuta Vertragsstrafe.


Thermodrucker BLD160

Der für diese Baugruppe entwickelte Druckkopf wurde später im Drucker K6306 eingesetzt. Dieses Gerät war eine Nach-Wende-Entwicklung, die unter wesentlich besseren Bedingungen erfolgen konnte. Innerhalb von knapp vier Monaten wurde das Gerät fertig und zur Leipziger Frühjahrsmesse ausgestellt. Bis zur Liquidation des Büromaschinenwerks wurden weitere Gerätevarianten abgeleitet und unter dem Namen Etigraph 100 mit der Firma HGN vermarktet. Letztes Gerät war der Hochleistungs-Etikettendrucker ET2000, der gemeinsam mit HGN entwickelt und 1991 auf der Industriemesse Hannover gezeigt wurde. Er besaß einen Thermodruckkopf der Firma ROhm aus Japan.
....Dann kam die Schließung und Abwicklung des Büromaschinenwerk Sömmerda.

Heute (2006) werden in Sömmerda von der Firma "cab Produkttechnik GmbH" erfolgreich Thermotransfer-Etikettendrucker in einer breiten Palette entwickelt, produziert und weltweit vermarktet.



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