Uhren und Uhrenanlagen

Uhr/T und Uhr/E

Dabei handelte es sich um Funkuhren, die von 1982 bis 1990 durch den VEB Steremat "Hermann Schlimme" in Berlin-Alt-Treptow hergestellt wurden. Die als "vertrauliche Dienstsache" gekennzeichnete Betriebsdokumentation lässt keinen Zweifel daran, dass diese Zeitempfänger primär bei der NVA und dem MfS zum Einsatz kamen. Bei Hersteller Steremat wurden unter anderem auch die Terminals der P8000-Serie gebaut.

Die Uhr/E wurde zum Einbau (EGS-Karteneinschub), die Uhr/T dagegen als fertige Tischvariante im EGS-Gehäuse geliefert.


Uhr/T, Vorderseite

Uhr/T, Rückseite

Uhr/E, Vorderseite

Uhr/E, Rückseite

Typenschild der Uhr/T

Diese Zeitmesser konnten mit Hilfe des separat angeschlossenen Zeitzeichenempfängers (ZZE) die Zeitsignalsender DCF77 Mainflingen auf 77,5 kHz und DIZ Nauen auf 4525 kHz empfangen und synchronisierten stündlich damit. Berücksichtigung fand automatisch der jeweils stärkere Sender. War kein Empfang möglich, liefen die Uhren dank temperaturkompensiertem Quarzoszillator weiter, die Gangabweichung betrug dann maximal eine Sekunde in 10 Tagen. Am ZZE konnten weiterhin ein Kopfhörer zum Abhören des Funktelegramms und ein kleines Amperemeter zur Beurteilung der Feldstärke angeschlossen werden.


ZZE, Vorderseite

ZZE, Rückseite

ZZE, geöffnet

Zur optischen Bereitstellung der Zeitinformation diente jeweils eine 6-stellige 7-Segment-Anzeige. Hier war neben der Zeit auf Knopfdruck auch das aktuelle Datum ablesbar. Weiterhin verfügten die Uhren über mehrere Ausgänge, um: auszugeben.

Das Herzstück der Funkuhren stellte ein Prozessor UB880D mit 2 KByte PROM und 256 Byte RAM dar.


Die Rechnerkarte

Die Interfacekarte mit den Treibern

Frontleiterplatte

Das Gehäuse der Uhr/T

Mit dem Wahlschalter an der Front konnte man zwischen den Betriebsarten "Mutteruhr", "Tochteruhr" und "Dekoder zur Tonbandauswertung" umschalten. Als Absicherung gegen Stromausfall und für den Betrieb in Fahrzeugen war ein Batterieanschluss möglich (10,8 bis 29 V). Zusätzlich bot der Hersteller noch eine Spannvorrichtung zur Tischbefestigung, eine Konsole zur Wandmontage des Zeitzeichenempfängers und eine zusätzliche Drahtantenne zur Empfangsverbesserung an.

Von der Uhr/T hat bis heute mindestens 1 Exemplar überlebt.


Mutteruhranlagen

Es gab Orte, an denen viele Uhren gebraucht wurden, beispielsweise auf Bahnhöfen, Flughäfen, in Großbetrieben und Schulen. Solange es keine Funkuhren gab, bestand ein Problem dafür zu sorgen, dass alle Uhren liefen und die richtige Zeit anzeigten. Stets alle (mit mit Federwerk oder Gewicht betriebenen) Uhren täglich aufzuziehen und zu stellen, war aber mühsam, zumal viele Uhren im Außenbereich wetterdicht und im Innenbereich staubdicht verschlossen sein sollten.

Daher erfand man die Nebenuhr (Tochteruhr). Sie wurde elektrisch weiter geschaltet durch 1 externen Spannungsimpuls pro Minute. Auf diese Weise mussten die Uhren nicht mehr aufgezogen werden und alle zeigten exakt dieselbe Zeit an.

Nun musste noch dafür gesorgt werden, dass die angezeigte Zeit auch richtig war. Dazu wurde die Hauptuhr (Mutteruhr) erfunden. Sie existierte meist nur 1x in der Uhrenanlagen, lief selbständig und hochpräzise und steuerte minütlich die Tochteruhren an. An der Mutteruhr konnten bei Bedarf Zeitkorrekturen für die gesamte Uhrenanlage vorgenommen werden (z.B. bei Sommerzeitumstellung). In kritischen Anwendungsfällen wurden aus Sicherheitsgründen zwei parallel laufende Mutteruhren eingesetzt (Redundanz).

Manche Uhrenanlagen zeigten nicht nur die Zeit an, sondern lösten zeitgesteuert Ereignisse aus, beispielsweise die Werkssirene zur Mittagspause oder das Pausenklingeln in der Schule. Dazu gab entweder in der Mutteruhr oder in Schalttochteruhren eine Programmiermöglichkeit in Form einschraubbarer Metallstifte, die Kontakte auslösten (Schaltuhr). Bei den typischen Uhrenanlagen konnte die Programmierung in 5-Minuten-Schritten vorgenommen werden, in einem Zyklus von maximal 1 Woche. Die Dauer der Signalauslösung war ebenfalls einstellbar.

Mutteruhranlagen waren an das Vorhandensein elektrischen Stromes gebunden, ihre Verbreitung begann Anfang des 20. Jahrhunderts. Technisch unterscheiden sich die mechanischen Uhrenanlagen der DDR (Hersteller Gerätewerk Leipzig und ELFEMA Mittweida) und der BRD (Hersteller Siemens und Lorenz) nur minimal, sie gehen augenscheinlich auf eine gemeinsame Entwicklung zurück. In der DDR wurden sie mit nur geringen Änderungen lange produziert und meist bis 1990 eingesetzt. Nur an wenigen Fällen wurden sie zuvor durch elektronische Uhrenanlagen oder Funkuhren abgelöst. An Importanlagen waren in der DDR auch tschechische Fabrikate der Firma Pragotron verbreitet.

Es gibt heute noch einige mechanische Mutteruhranlagen, vermutlich aber nicht mehr im produktiven Einsatz, sondern in Liebhaberkreisen. Eine funktionsfähige Mutteruhranlage befindet sich im Rechenwerk Halle.


Mutteruhren

Die Mutteruhren waren klassische Pendeluhren, die durch ein absinkendes Gewicht angetrieben wurden. Über eine Stromanschluss zogen sie sich (meist minütlich) wieder von selbst auf. Minütlich erzeugten die Mutteruhren außerdem einen elektrischen Impuls mit wechselnder Polarität, der zum Weiterrücken der Tochteruhren benutzt wurde. Bis zu 50 Tochteruhren konnten direkt an eine Mutteruhr geschlossen werden. Wurden noch mehr Tochteruhren gebraucht, wurden Schaltverstärker auf Relaisbasis dazwischen geschaltet.


Hauptuhr HU12

Hauptuhr HU12, Tür geöffnet

Uhrwerk und Anschlussfeld der HU12, Zifferblatt abgebaut

Blick von unten ins Räderwerk

Die Mutteruhr war meist in einem dekorativem Gehäuse untergebracht und hing, mit einem Sicherheitsschloss verschlossen, in der Nähe der Betriebsdirektion. Üblicherweise hing neben der Mutteruhr eine Tochteruhr, damit man beim Uhrstellen sehen konnte, was passiert. Zum Stellen der Tochteruhren gab es in der Mutteruhr einen schwenkbaren Taster, bei deren Drücken die Tochteruhren jeweils 1 Minute vorrückten. Rückwärtsstellen der Tochteruhren erreichte man, indem man das Pendel der Mutteruhr zeitweise anhielt.

Mutteruhren und Tochteruhren wurden für bestimmte Spannungen produziert: 6V, 12V, 24V 60V. An der Mutteruhr befand sich dazu meist ein externes Netzteil.
Fiel die Netzspannung einmal aus, lief die Mutteruhr durch ihr normalerweise hochgezogenes Gewicht noch 9 Stunden weiter. Kam in dieser Zeit der Strom zurück, stellte die Mutteruhr die Tochteruhren selbständig im Eilgang wieder bis zur aktuellen Uhrzeit nach.

Um einen exakten Gang der Uhr zu gewährleisten, wurde viel Aufwand getrieben: Bei einer gut justierten Uhr konnten die Abweichung auf weniger als 1 Sekunde pro 8 Tage reduziert werden.

Einige Mutteruhren enthielten ein Schaltwerk, mit dem zeitgesteuerte Ereignisse ausgelöst werden konnten. Dazu gab es ein Tagesrad und ein Wochenrad, in die unterschiedlich geformte Metallstifte mit einer Genauigkeit von 5 Minuten eingeschraubt werden konnten. Diese Räder drehten sich langsam mit dem Gang der Uhr und lösten Kontakte aus. Über Relaisverstärker konnten dann Klingeln, Sirenen, Lampen o.ä. geschaltet werden.

Mutteruhren reagieren sehr empfindlich auf falsche Demontage: Wird eine Mutteruhr von der Wand genommen, ohne vorher das Uhrwerk und das Pendel auszubauen, führt dies mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zur Zerstörung der Pendelaufhängung. Die Zeiger der Mutteruhren sollten niemals rückwärts gedreht werden, da dies zu Schäden am Werk führen kann.

Mechanisch liefen die Mutteruhren fast geräuschlos, allerdings erzeugten Selbstaufzug und Tochteruhrnachführung ein nicht unerhebliches minütliches Klacken.


Tochteruhren / Nebenuhren

Zu einer Uhrenanlage gehörten meist mehrere Tochteruhren, die im Innen- oder Außenbereich aufgehängt waren. Sie beinhalten ein kleines elektromechanisches Uhrwerk auf Klappankerbasis, das ferngesteuert durch die Stromstöße der Mutteruhr jeweils um 1 Minute weiter rückte.


Nebenuhr von ELFEMA

Nebenuhr von Pragotron

Tochteruhren wurden für unterschiedliche Betriebsspannungen hergestellt, passend zum Uhrenanlagenprojekt. Einen Anschluss an das Stromnetz brauchten sie nur, wenn sie für den Außeneinsatz eine Beleuchtung oder Beheizung enthielten.

Ohne eine Mutteruhr waren die Tochteruhren nicht arbeitsfähig.

Die Tochteruhren hatten inwendig eine Möglichkeit, die Zeiger manuell auf die Systemzeit zu stellen. Ab der Installation war eine manuelle Beeinflussung der Zeit aber nicht mehr notwendig, da das Nachstellen der Systemzeit zentral an der Mutteruhr gemacht wurde.

Sonderformen der Tochteruhren waren die Schalttocheruhren und die Stechuhren.


Schalttochteruhren / Signalnebenuhren

Bei den meisten Uhrenanlagen war das Schaltwerk in der Mutteruhr eingebaut. Waren die auszulösenden Ereignisse so kompliziert, dass sie mit 1 Schaltwerk nicht zu realisieren waren, wurden ein oder mehrere Schalttocheruhren eingesetzt. Schalttochteruhren waren spezielle Tochteruhren, die zusätzlich ein Schaltwerk zum zeitgesteuerten Auslösen von Ereignissen enthielten.


Signalnebenuhr SNU

Signalnebenuhr SNU, geöffnet, Zifferblatt entfernt

Typenschild der SNU

Die Programmierung der Schalttochteruhren erfolgte auf gleiche Weise wie bei den schaltenden Mutteruhren.

Die Ansteuerung zu schaltenden Lampen oder Hupen wurde über Relaisverstärker gemacht, die meist ins Gehäuse der Schalttochteruhr eingebaut waren. Deswegen brauchten die Schalttochteruhren einen Anschluss an das Stromnetz.

Die Schalttochteruhren wurden üblicherweise direkt neben der Mutteruhr aufgehängt und mit einem Sicherheitsschloss verschlossen.


Stechuhren / Stempeluhren

Diese Uhren wurden benutzt, um Arbeitsbeginn und Arbeitsende der Mitarbeiter auf einer Pappkarte zu vermerken (Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitszeit bei Gehaltsempfängern, Abrechnung der Arbeitszeit bei Lohnempfängern). Dazu war in die Stechuhr ein Tochteruhrwerk eingebaut, das normal von der Mutteruhr gesteuert wurde. Das Tochteruhrwerk stellte einen Zahlenstempel ein, der beim Einstecken der Karte in das Gerät die Uhrzeit auf die Karte stempelte: Üblicherweise auf der linken Seite den Arbeitsbeginn und auf der rechten Seite das Arbeitsende. Dazu war der Einführschlitz der Karte seitlich verschiebbar. Auf einer Stechkarte wurden meist mehrere Tage registriert, dazu rückte das Stempelwerk jeden Tag eine Zeile nach unten.


Stechuhr DK3N der Firma Pragotron

Stechuhr, innen

Stechuhr, innen

Stechuhr, innen

Stechuhr, innen

Typenschild der DK3N


Jeder Mitarbeiter hatte eine eigene Stempelkarte, die meist in einem Wandhalter neben der Stechuhr abgelegt wurden. Die gestempelten Karten wurden, wenn sie voll waren, von der Lohnbuchhaltung ausgewertet.

Um die für den Stempelvorgang notwendige Energie bereitzustellen, hatten die Stechuhren entweder einen eigenen Stromanschluss oder einen Handhebel. Eine interne Glocke signalisierte, wenn der Stempelvorgang erfolgreich abgelaufen war.




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