Buchungsmaschinen aus Zella-Mehlis
Das Mercedes-Werk in Zella-Mehlis produzierte ursprünglich Schreibmaschinen und mechanische Rechenmaschinen.
Mit dem Aufkommen des Bedarfs an Buchungsmaschinen Anfang des 20. Jahrhunderts lag es nahe, beide Maschinenarten zu kombinieren.
Technischer Vorreiter war die amerikanische Firma Remington, die eine solche Kopplung bereits 1908 realisierte.
Prägende Komponente war die elektrische Schreibmaschine: sie wurde im Grundprinzip beibehalten
und durch einen Kartenschacht ergänzt, in die die in der damaligen Finanzwirtschaft üblichen Kontenkarten eingelegt wurden.
Außerdem musste die Maschine über einen Tabulator verfügen, der also das schnelle Anspringen vordefinierter Tabellenspalten ermöglichte.
Diese Technologie war bereits bei guten Schreibmaschinen vorhanden.
Die Daten auf der Kontenkarte waren als Tabelle aufgebaut: jeder Buchungsvorgang stellte 1 Zeile dar.
Am Ende jeder Buchungszeile waren Ergebnisse zu berechnen (z.B. aus dem alten Kontostand und dem Saldo der Buchung der neue Kontostand).
Dazu wurde ein sogenanntes Querzählwerk (oder zwei) eingebaut, das durch die Tastatur angesteuert wurde.
Bei den einfachen Buchungsmaschinen (SR14, SR22) musste das Querzählwerk abgelesen werden
und im Anschluss sein Wert manuell mit dem Schreibwerk eingetippt werden.
Die besseren Buchungsmaschinen (SR42 und SR54) machten dies per Knopfdruck oder vollautomatisch.
Das Querzählwerk musste auch unterhalb von Null rechnen können (=Saldierung).
Die Karte wurde zeilenweise geschrieben, bis sie voll war.
Anschließend war von den meisten Tabellenspalten die Summe zu ermitteln.
Um das zu erreichen, wurden an den Buchungswagen Zählwerke (Längszählwerke, Senkrechtzählwerke) gehängt, die, sobald der Buchungswagen in der betreffenden Spalte stand,
mit dem Zifferntasten gekoppelt wurden und so allmählich ihre Ergebnisse aufaddierten.
Die Endergebnisse der Längszählwerke waren entweder abzuschreiben oder wurden per Knopfdruck bzw. vollautomatisch gedruckt.
Ausgebautes Längszählwerk |
Die so entstandenen Geräte nannte man "Schreibbuchungsmaschinen" bzw. "Schreibbuchungsautomaten".
Unabhängig vom Innenleben wurden die Mercedes-Buchungsautomaten mit unterschiedlichem Gehäuse ausgeliefert:
anfangs in schwarzem Gehäuse mit hervorstehenden Tasten, dann in grauem Gehäuse mit versenkten Tasten, z.T auch mit abgeschrägten Ecken.
Die Bezeichnung "SR" stand für "Schreiben und Rechnen".
Addelektra SR1 und SR2
(Alias SR 1, SR-1, SR 2, SR-2)
Mit der SR1 begann 1924 die Buchungsmaschinenproduktion im Mercedes-Werk.
Basis war die elektrische Schreibmaschine "Elektra", die seit 1914 hergestellt wurde, deswegen auch der ursprüngliche Name "Rechnende Elektra".
Später wurde sie in "Addelektra" umbenannt und dieser Name auch für die Nachfolgemodelle beibehalten.
Ob die Produktion der SR2 noch bis in die Zeit der DDR reichte, ist unbekannt.
Mitte der 1950er Jahre wurde sie zumindest nicht mehr hergestellt.
Unterhalb der Schreibmaschinentasten hatte die Addelektra die Tasten für den Dezimaltabulator (er sorgte dafür, dass die Spalten kommabündig aufgebaut wurden).
Darunter kamen die 10 Zifferntasten zur Eingabe der Ziffern in die Zählwerke, verbunden mit dem gleichzeitigen Schreiben der Ziffern auf das Papier.
Buchungsautomat Addelektra SR2 |
Die SR1 arbeitete noch ohne Querzählwerke, konnte aber eine fast beliebige Anzahl (theoretisch bis 50) Längswerke haben.
Bei der SR2 kamen dann ein oder zwei Querwerke hinzu.
Letztere wurden in unterschiedlichen Breiten (bis max. 14 Stellen) angeboten.
Heute existieren noch einige wenige Exemplare dieser Typen.
Buchungsautomat SR14
(Alias SR 14, SR-14)
Die SR14 verfügte über ein doppeltes Querzählwerk (wahrscheinlich eins zum Rechnen über Null und eins zum Rechnen unter Null).
Der Inhalt der Zählwerke war bei gedrückter Generalumkehrtaste manuell abzuschreiben, dabei leerte sich gleichzeitig der Inhalt des betreffenden Zählwerks.
Buchungsautomat SR14 |
Ob heute noch irgendwo eine SR14 existiert, ist unbekannt.
Buchungsautomat SR22
(Alias SR 22, SR-22)
Der Inhalt der Zählwerke war, wie bei der SR14, manuell abzuschreiben.
Wurde der Inhalt korrekt abgetippt, war der Inhalt des Zählwerkes also im Anschluss Null, druckte die Maschine ein Sternchen aufs Papier,
ansonsten verriegelte sie sich und erwartete eine manuelle Korrektur.
Buchungsautomat SR22 |
Die Maschine konnte als einzige der Serie auch sehr großes Papier verarbeiten (Wagenbreite 47 cm, 61 cm oder 85 cm).
Von der SR22 existieren noch Exemplare.
Eins befindet sich im Rechenwerk Halle.
Buchungsautomat SR34
(Alias SR 34, SR-34)
Über diese Maschine liegen kaum Informationen vor.
Sie war anscheinend die erste Maschine, bei der die Zählwerke nicht mehr abgeschrieben werden mussten, sondern deren Inhalt per Knopfdruck ausgedruckt wurde.
Buchungsautomat SR34 |
Vom SR34 hat mindestens ein Exemplar bis heute überlebt.
Buchungsautomat SR42
(Alias SR 42, SR-42, SRM 42, SRM-42)
Die große Neuerung des SR42 gegenüber dem SR22 war, dass die Zählwerke nicht mehr abgeschrieben werden mussten,
sondern ihren Inhalt per Knopfdruck ausdruckten (betraf Längszählwerke und Querzählwerke).
Die Längszählwerke waren beim SR42 mit einer Blende verkleidet.
Buchungsautomat SR42 |
Der SR42 konnte auf Wunsch mit einem eingebauten Lochbandstanzer ausgestattet werden und damit als Datenerfassungsmaschine fungieren.
Buchungsautomat SR42 mit Lochband
| Rückseite der SR42 mit der Wickelvorrichtung |
Der SR42 konnte außerdem auf Wunsch mit einem externen Multiplizierwerk ausgestattet werden.
Die so geänderten Maschinen nannten sich SRM42.
Ob heute noch irgendwo ein SR42 existiert, ist unbekannt..
Buchungsautomat SR54
(Alias SR 54, SR-54)
Der SR54 war das Flaggschiff des Herstellers.
Gegenüber dem SR42 konnten die meisten Funktionen durch eine Steuerschiene im Vorfeld programmiert werden.
Damit reduzierte sich der Bedienaufwand auf das Eintippen der Zahlen.
Buchungsautomat SR54
| Steuerschiene |
Mit dem SR54 endete 1963 die Buchungsmaschinenproduktion in Zella-Mehlis.
Buchungsmaschinen wurden danach in der DDR nur noch im Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt gefertigt.
Zella-Mehlis konzentrierte sich stattdessen auf industrienahe Rechentechnik.
Ob heute noch irgendwo ein SR54 existiert, ist unbekannt.