(NAGEMA=Nahrungs- und Genussmittel-Maschinenbau)
Dieses Kombinat wurde in den 1970er Jahren aus Betrieben gebildet, die Maschinen und Anlagen für die Lebensmittelverarbeitung produzierten
und ursprünglich gar nichts mit Computertechnik zu tun hatten. Gefertigt und errichtet wurden u.a.:
Verpackungsmaschinen,
Getreidemühlen und Mischfutterwerke,
Bäckereimaschinen und Backöfen,
Fleischerei- und Schlachthofmaschinen,
Getränkeabfülllinien,
Schokoladenmaschinen,
Großkücheneinrichungen und
Wägetechnik.
Stammbetrieb war der VEB Verpackungsmaschinenbau Dresden mit Hauptsitz in Dresden-Reick in der Rudolf-Breitscheid-Straße.
Gebäude der Nagema-Kombinatsleitung im Jahr 2009
Rapido-Werk im Jahr 2009. Hier wurden die Geldautomaten gebaut.
Dem internationalen Trend folgend wurden auch die Maschinen und Anlagen des Kombinats NAGEMA ab Anfang der 1980er Jahre zunehmend mit Mikrorechner-Steuerungen ausgerüstet.
Beispiele dafür sind das Mehlausbeute-Kontrollgerät, die Backofen-Mess- und Steuereinrichtung, die Wurstfüllmaschine KFH6003 ...
Wurstfüllmaschine von Nagema
Der zum Kombinat gehörende VEB Wägetechnik Rapido Radebeul erhielt von der Staatsbank der DDR den Auftrag zur Entwicklung und Produktion des DDR-Geldautomaten.
Auch die Sicherheitsmodule für die Bankschalter-Arbeitsplätze (Computer K8924) wurden dort gefertigt.
Grund dafür war vermutlich, dass sich Rapido mit Wägetechnik beschäftigte und dies traditionell auch mit Geld zu tun hat.
Die Elektronik des Geldautomaten, soweit sie nicht aus Standardbaugruppen oder -Geräten aus dem Sortiment von Robotron erfolgte,
wurde zusammen mit der Hochschule für Verkehrswesen Dresden, Bereich Automatisierungstechnik entwickelt,
die auch maßgeblich an der Entwicklung des DR-Fahrkartenautomaten beteiligt war.
Die Fertigung der Geldautomaten einschließlich ihrer Elektronikplatinen
erfolgte in Radebeul Gartenstraße in einem dazu neu errichteten Gebäudekomplex.
Sparkassen-Geldautomat
Die Nagema trieb für den perspektivischen Einsatz im eigenen Kombinat die Entwicklung des Netzwerkes Lotunet
der TU Dresden voran. Die Entwicklung begann Mitte der 1980er Jahre.
1988 war das Netzwerk dann einsatzbereit und diente als Leitungsauskunftssystem
für den Generaldirektor (Ablage der per Tabellenkalkulation erstellten Einzelberichte)
auf einem zentralen Netzwerkserver (K1520-Rechner mit Diskettenlaufwerken,
später auch mit Festplatte).
Als Arbeitsstationen kamen die Robotron-Rechner A5120 und PC1715 zu Einsatz.
Dieses System war dann 1 Jahr bei Nagema im Einsatz und wurde als "Nagema-Lotunet" bezeichnet.
Die mit der politischen Wende plötzlich verfügbare westliche Rechen- und Netzwerktechnik und der Zerfall des Kombinats
beendeten die Lotunet-Entwicklung.
Die TU Dresden entwickelte auch noch Lotunet-Netzwerkkarten für 16-Bit-DDR-Rechner,
diese kamen bei Nagema aber nicht mehr zum Einsatz.
Das Firmenlogo von Nagema:
Chronik
In den 1950er Jahren wurden die VVB MLW (= Vereinigung volkseigener Betriebe der Medizin-, Labor-, Wägetechnik) und NAGEMA geschaffen.
1970 erfolgte eine Umstrukturierung; das Kombinat NAGEMA wurde gebildet.
1983 wurde beim VEB Verpackungsmaschinenbau Dresden ein Forschungs- und Erprobungszentrum für das Kombinat mit einer Erprobungshalle an der TU Dresden aufgebaut.
1990 zerfiel das Kombinat:
Die Wägetechnik wurde von der Firma Bizerba übernommen.
Das Forschungs- und Erprobungszentrum gründet sich als "Ingenieurbüro für Nahrungsgütertechnik" (IBN) aus.
Der Verpackungsmaschinenbau Dresden gründet sich unter dem Namen "Pactec GmbH" aus.
Gründung der Matec GmbH in Neubrandenburg, Entwicklung von Maschinen zur Verpackungsautomatisierung
Gründung der "Brauerei- und Kellereimaschinen Magdeburg GmbH" (BKM)
1994: Übernahme von Pactec durch die Firma "Rose-Theegarten", neuer Name: "THEEGARTEN-PACTEC GmbH & Co. KG"
1994: Umzug der Firma IBN nach Dresden-Coschütz
????: Umbenennung der "BKM.GmbH" in "Filltec GmbH", Produktion und Service von Füllmaschinen für die Getränkeindustrie
1998: Umzug der Matec GmbH nach Waren (Müritz), 85 Mitarbeiter
2014: Schließung der "Filltec GmbH"
2022: die Firmen IBN, Matec und THEEGARTEN-PACTEC existieren weiterhin.