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13.12.2015, 19:54 Uhr
fflink
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Zitat: | Micha schrieb Hallo fflink,
kannst Du eventuell "historischen Wert" etwas detailierter erklären - was das Thema der Arbeit war und was den inhaltlichen Wert der Arbeit ausmacht? Denke da würden sich viele der Mitleser hier drüber freuen. |
Ich hoffe das ist nicht zu viel....
T h e s e n zur Dissertationsschrift
"Untersuchungen zur Entwicklung eines Expertensystems fuer die technische Produktionsvorbereitung" vorgelegt von Dipl.-Ing. Benno Dorff
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1. Aus der Dynamik unserer Volkswirtschaft sowie aus den Forde- rungen, die der internationale Markt stellt, ergeben sich die steigenden Anforderungen an die Industrie, staendig neue Pro- dukte zu entwickeln und zu produzieren. Die internationale Entwicklung zur Loesung dieser Probleme zeigt deutlich in Richtung automatisierten Betrieb. Die Einfuehrung von rechnergestuetzten Arbeitsweisen in der technischen Produktionsvorbereitung verfolgt die Ziele :
- Steigerung der Arbeitsproduktivitaet in der technischen Vorbereitung und in der Fertigung - Erhoehung der Flexibilitaet und Qualitaet der Produktion - Erhoehung des Anteiles qualitativer Faktoren an der Taetigkeit der Produktionsvorbereitung (Entlastung der Konstrukteure und Technologen von Routinearbeiten und Erhoehung des Anteiles der geistig- schoepferischen Arbeiten) - Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
2. Einen wesentlichen Beitrag zur Unterstuetzung dieser Ziele leistet die Rationalisierung solcher Taetigkeitskomplexe wie Informationsermittlung und -bereitstellung, welche innerhalb der technischen Vorbereitung einen groszen Zeitanteil bean- spruchen. Die technische Produktionsvorbereitung laeszt sich in Berei- che wie Informationsgewinnung, Informationsverarbeitung und Informationsausgabe unterteilen. Das untersetzt fuer die technologische Fertigungsvorbereitung folgende naeher zu un- tersuchende Gebiete :
- Fertigungsbelegerstellung - Operative Taetigkeiten - Organisatorische Taetigkeiten - Informationsaustausch mit Mitarbeitern.
Das Haupttaetigkeitsgebiet des Technologen - die Fertigungs belegerstellung - stellt auch das Hauptanwendungsgebiet von zu entwickelnden Rationalisierungsloesungen dar. Hier treten u.a. folgende Probleme auf, die zur Loesung anstehen :
- Erarbeiten technologischer Varianten - Bewertung und Einschraenkung der Varianten (Auswahl der unter den gegebenen Bedingungen besten Loesung) - Detaillierung der verbleibenden Variante. 3. Die Loesung dieser Probleme mit Hilfe der Rechentechnik setzt die Entwicklung qualitativ hochwertiger Software voraus. In modernen Softwareloesungen werden Mittel und Methoden der "Kuenstlichen Intelligenz" eingesetzt, um mit dem Uebergang von der Daten- zur Wissensverarbeitung die Rationalisierungs effekte, die sich aus dem Einsatz der Rechentechnik ergeben weiter zu erhoehen. Wissensbasierte Informationssysteme bzw. Expertensysteme repraesentieren einen vorteilhaften Weg, spe- zielle Erfahrungen und allgemeingueltige Aspekte zur Loe sungsfindung zu verwenden. Wie bei der Entwicklung von anderen Softwareloesungen ist auch bei der Entwicklung von Expertensystemen die Software technologie als Wissenschaft von den Gesetzmaeszigkeiten pro- duktionstechnischer Vorgaenge im Prozesz der Herstellung von Software anzuwenden. Um der Bedeutung dieses sehr umfangrei chen Softwareproduktes Rechnung tragen zu koennen, ist auf eine qualitativ hochwertige Realisierung der Analyse, der Spezifizierung und vor allem des Entwurfes zu achten.
4. Bestandteile von Expertensystemen sind folgende Komponenten : - Wissensbasis - Kommunikationskomponente - Problemloesungskomponente - Erklaerungskomponente und - Wissensakquisitionskomponente.
Die in der Wissensbasis zusammengefaszte Menge von Wissen in Form von Fakten und Relationen musz auf einheitliche Reprae sentationsschemata zurueckzufuehren sein. Ein fuer die An- wendung in Expertensystemen wichtiges Kriterium ist die Moeg lichkeit der Mehrfachindizierung von Daten. Den Dialog zwischen dem Nutzer und dem Expertensystem steu- ert die Kommunikationskomponente. Die Problemloesungskompo- nente erweitert die Anfrage-Interpretation um Schluszfolge- rungsverfahren. Die Aufgabe der Erklaerungskomponente ist die Rekapitulation der von der Problemloesungskomponente erarbei- teten Loesungen bei Anforderung. Fuer die Unterstuetzung der Konstruktion und der Modifikation der Wissensbasis ist die Wissensakquisitionskomponente zustaendig.
5. Fuer eine effektive Implementierung ist ein detaillierter Entwurf guenstig, aus dem direkt die Programmstrukturen und -schritte abgeleitet werden koennen. Zu einem vollstaendigen Entwurf gehoert die Betrachtung und Auswahl der Basismaschine und damit der Programmiersprache. Fuer Expertensysteme ist die Sprache PROLOG aufgrund der ihr verfuegbaren Methoden vorteilhaft auf leistungsstarker Rechentechnik einsetzbar, da sich inzwischen auch Strukturen der bisher dominierenden KI- Sprache LISP durch PROLOG darstellen lassen. Desweiteren ist mit der Anwendung von PROLOG eine guenstige Portabilitaet fuer den Uebergang zu Computern der 5. Generation gegeben, da PROLOG dort als Softwarekern gewaehlt wurde.
6. Expertensysteme koennen sowohl autonom als auch in CAD/CAM- Systemen integriert auftreten. Der autonome Betrieb von Ex pertensystemen ist in einem abgegrenzten Anwendungsgebiet unter Verwendung von entsprechenden Daten- bzw. Wissensbe staenden moeglich. Fuer die Einbindung in CAD/CAM-Systeme ist eine klare Schnittstellendefinition unumgaengliche Voraus setzung. Die relevante Schnittstelle zum vorgelagerten Modul Kon- struktion ist eine einheitliche rechnerinterne Darstellung (RID) des Werkstueckes. Bei einer Neuinstallierung ist z.B. auf die MAP-Darstellung (Manufacturing Automation Protocoll) aufzubauen, da diese Darstellungsform die Anforderungen aller Teilgebiete berueck sichtigt.
7. Eine Hauptaufgabe in der technischen Vorbereitung und damit des zu entwickelnden Expertensystems ist die Informationssu che. Die mathematische Funktion, welche die Informationssuche ausdrueckt, ist : y = f(x) mit x als Suchfrage und y als technologische Information zu der gestellten Frage. Die Recherche wird durch das System in hierarchisch aufgebauten Stufen durchgefuehrt.
8. Beim Aufbau von Expertensystemen zur Informationssuche koen- nen mit gegenwaertig verfuegbarer 8-bit-Mikrorechentechnik nur Grundsatzuntersuchungen vorgenommen werden. Diese Unter suchungen schaffen jedoch den erforderlichen Vorlauf, um um- fassend praktisch einsetzbare Expertensysteme fuer nachfol gende Geraetetechnik aufbauen zu koennen. Andererseits er laubt die derzeit verfuegbare 8-bit-PROLOG-Version keinen effizienten Einsatz. 9. Eine Grundstufe fuer ein Expertensystem auf nationaler 8-bit- Mikroprozessortechnik (BC A 5120/30 ; PC 1715) ist ein inter aktives technologisches Informations- und Auskunftssystem (TEAS). Grundkomponenten des Auskunftssystems TEAS sind :
- die Datenbasis - ein Recherchemodul sowie - ein Dateipflegemodul.
Waehrend der Recherchemodul solche Funktionen wie Finden, Holen und Ausgeben von Daten realisiert, umfaszt die Datei pflege Werkzeuge zur Erstellung bzw. Aktualisierung von In formationsbestaenden. Auch hier laeszt sich die Recherche effektiv in Hierarchieebenen ("Stufenrecherche") durchfueh ren, so dasz Rechercheroutinen in verschiedenen Stufen mehr fach genutzt werden koennen. Der Recherchefortschritt ueber die Recherchestufen wird durch "Adreszwoerter" realisiert.
10. Im Hinblick auf den potentiellen Nutzerkreis des Auskunfts- systems TEAS in der technischen Produktionsvorbereitung sind zwei voneinander verschiedene Dialogformen anzubieten. Waehrend im "Programmgefuehrten Dialog" der Nutzer bei der Programmabarbeitung durchgaengig, z.B. mit Menueangeboten, unterstuetzt wird, werden im "Nutzergefuehrten Dialog" die Eingaben vom Nutzer selbst bestimmt. Der Angebotsservice des "Programmgefuehrten Dialoges" entfaellt im "Nutzergefuehrten Dialog" zugunsten einer hoeheren Abarbeitungsgeschwindigkeit. Fuer den Dialog in der Dateipflege entfaellt die nutzerfueh rende Dialogform, da diese Arbeit so sicher wie moeglich gestaltet sein musz.
11. Zur Abspeicherung der technischen Daten in der Datenbasis eignet sich das Relationenmodell besonders gut, da hier die Beziehungen zwischen den Daten durch deren Inhalt selbst definiert werden. Die Strukturaenderung einer relational auf- gebauten Datenbasis reduziert sich damit auf die einfache An- passung von Tabellen. Desweiteren koennen die Operationen der Relationenalgebra auf relationale Datenbasen angewendet wer den. Fuer die Ablage von groszen Datenbestaenden ist zweckmaeszig ein Rechnerverbund, z.B. eine Kopplung zwischen einem Buero- bzw. Personalcomputer und einem Rechnersystem groeszerer Haupt- und Externspeicherkapazitaet, als Umsetzung des Prin zips der verteilten Informationsverarbeitung zum Einsatz zu bringen, um somit die begrenzte Speicherkapazitaet am Mikro computer zu kompensieren.
12. Zur rationellen Entwicklung und Abarbeitung eines Informa tions- und Auskunftssystems ist Grundsoftware einzusetzen. Die Datenmanipulationssprache des relationalen Datenbanksy- stems REDABAS besitzt sowohl alle jene Befehle, die fuer eine vollstaendige Anwendungsprogrammierung benoetigt werden, als auch die Moeglichkeit die Daten zu verwalten. Die Datenmani pulationen koennen in die Verarbeitungsprogramme integriert werden, ohne dasz spezielle Schnittstellenprogramme zu er stellen sind. Aus diesem Grunde bietet sich REDABAS fuer die derzeit umfassend verfuegbare 8-bit-Mikrorechentechnik als Grundsoftware fuer Informations- und Auskunftssysteme an, welche wiederum Vorlaeufer von Expertensystemen darstellen. Damit wird die Nichtverfuegbarkeit von effizienten PROLOG- Sprachversionen fuer diese Rechentechnik teilweise ausgegli chen und die Forschung zur Entwicklung von Expertensystemen kann gezielt weitergefuehrt werden.
Zwickau, den 31.08.1987 -- Mit freundlichen Grüßen
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