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31.03.2011, 10:10 Uhr
P.S.
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Ja, ja - in den späten 80ern brach in der DDR bzgl. der Computerisierung eine "Goldgräber"-Euphorie aus - im wahrsten Sinne des Wortes.
Während in den 70ern noch streng nach den geltenden Einfuhr- und Zoll-Bestimmungen fast jeglicher "Privat-Import" elektronischer Erzeugnisse unterbunden wurde, ist das ab etwa Mitte der 80er nicht mehr so streng gehandhabt worden, obwohl sich an den Bestimmungen nichts geändert hatte. So jedenfalls die Erklärung eines ehemaligen Zollbeamten. Der Erlaß dieser Bestimmungen hing mit der Unterbindung von "ideologischer Diversion" nach dem 13. August zusammen. Da ging es insbesondere um West-Fernsehgeräte und deren Ersatzteile für den Ostberliner Bedarf.
Anfangs beschränkte sich der "Oma-Import" oder auch im "West-Paket" auf die auch in der DDR publizierten Z80-Heimcomputer, a la ZX81, ZX-Spectrum usw. Man erinnere sich nur an die Veranstaltungen im AudiMax der Humbold-Uni in Berlin, wo ein Marius van der Meer die Vorzüge des ZX-Spectrum lobte und somit auch den Eigenbau vieler Z80-Rechner mit dem in der DDR verfügbaren U880-System initiierte. C64 wurde deshalb m.W.n. in der DDR nicht nachgebaut - war auch nur wenig bekannt. Allerdings fanden auch sehr schnell findige "Händler" heraus, daß man mit Original-Geräten hier in der DDR große Geschäfte machen kann: Einkauf 100-300DM -> Verkauf 3000-4500 DDR-Mark. Da solcherlei "Importe" trotz Lockerung seitens der Stasi/Abt. Wirtschaftskriminalität (so etwas gab's tatsächlich auch!) natürlich überwacht wurden, gingen diese Geschäftemacher nicht selten in den Knast. Die Computer waren schließlich als Geschenksendung deklariert und nicht als Handelsware, denn das wäre dann illegal gewesen. So ähnlich waren Verhältnisse auch beim privaten Automarkt, wo sog. "Rostlauben" von Trabbi bis Lada für horrende Preise den Besitzer wechselten.
Gegen Ende der 80er fanden dann findige Stasi-Leute eine noch bedeutsamere "Marklücke" heraus: Einige von denen, die im "besonderen Einsatz" auch nach Westberlin mit dem Auto ohne jegliche Kontrolle fahren konnten (der sog. "blaue Lada"), brachten für DDR-Verhältnisse hochwertigste Computertechnik (in West-Berlin bereits abgeschriebenes Zeug) mit zurück und über den A&V in den allgemeinen Verkauf. So wurden 50.000 bis 70.000 DDR-Mark Verkaufspreis erzielt - bei einem Einsatz von vielleicht ein paar hundert DM, oder weniger. Nun besteht die Frage, wer aus der Bevölkerung konnte oder wollte sich für solch hohen Preis einen Computer leisten? Hier greift dann die real existierende Planwirtschaft! Da viele der VEB's nicht in den Genuß sog. Bilanzanteile zu ROBOTRON-Computertechnik kamen (BC5120, PC1715 - von 16Bit-Technik mal ganz zu schweigen), kamen windige Finanzökonomen auf den Einfall, diesen Bedarf über den A&V zu decken. Das Verfahren war zwar nicht illegal, widersprach aber im Grunde dem planwirtschaftlichen System. Und aus diesem Grunde wurde so weit als möglich auch Stillschweigen darüber gewahrt. Ob die MfS-Genossen dazu direkt den Auftrag hatten, oder das in Eigeninitiative für die eigene Tasche organisierten, ist aus verständlichen Gründen nicht mehr zu ermitteln.
Noch horrender waren die Gewinne bei Disketten. Da jeglicher Privat-Import von Datenträgern (Schallplatten, Kassetten, Disketten) nach wie vor verboten war - offiziell begründet mit der Gefahr des Einschleusens von Nazi-Probaganda - war der A&V dann die einzigste, aber auch teuerste offizielle Quelle. Aber auch die A&V-Leute befanden sich immer auf sehr dünnem Eis, denn die Stasi-Leute gaben sich natürlich nicht als solche zu erkennen und somit war das Geschäft immer sehr Risiko-behaftet. Und auch dann, wenn man sich schon kannte, war man nicht sicher, daß das von den Genossen aus der anderen Abteilung - d.h. die von der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität - auch geduldet wurde.
Das Wissen der Menschheit gehört allen Menschen! - Wissen ist Macht, wer glaubt, der weis nichts! - Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! - Gegen die Ausgrenzung von Unwissenden und für ein liberalisiertes Urheberrecht! PS |