080
28.10.2023, 18:17 Uhr
ollox
|
Ja, Politik kann man tatsächlich aus einen technischen Forum raushalten. Die Beschreibung von historischen "Tatsachen" ist aber keine Politik. Dazu darf man natürlich unterschiedliche Sichtweisen haben. Ich finde es interessant, dass die weniger positiven Ansichten/Vorgänge der DDR und ihrer Wirtschaft so wenig thematisiert werden. Ich wundere mich immer, wie man eine derart kaputte Wirtschaft, wie es die DDR-Wirtschaft in den 1980ern war, schönreden kann. Ja, die DDR-Regierung musste "um jeden Preis" Devisen erwirtschaften. Ungefähr 30% der jährlich Erwirtschafteten Devisen gingen ab Mitte der 1980er Jahre nur für die Zinszahlungen drauf. Die DDR ging davon aus, dass sie bald (in weniger als 5 Jahren) nicht mehr genug Devisen allein für die Zinsen erwirtschaften kann - das nennt man geläufig "Bankrott". Deshalb war es der !DDR Regierung! auch völlig egal, wie hoch die Kosten im Inland waren, solange überhaupt Devisen flossen. Dass das die Betriebe und die Mitarbeiter anders sahen, ist mir völlig klar. Ich rede auch nicht die Lebensleistung, oder die "Errungenschaften" der Menschen schlecht. Im Gegenteil: ich habe höchte Achtung vor dem, was die (ehrlich arbeitenden) Menschen in der DDR geleistet haben. Mein Großvater war selbstständiger Bäcker in der DDR. Mir und meinem Großvater muss niemand erzählen, was Sozialismus bedeutet... Das Brot/Brötchen waren irgendwann billiger als Getreide/Futtermittel, also verfütterten die Bauern Brot an die Schweine - kannst du dir nicht ausdenken... Das Fleisch wurde dann in den Westen verkauft, oder wieder zu subventionierten Preisen verkauft. Stichwort Preise für Mikro-Elektronik: Weil die Politik besonders im Bereich Chips nach Autarkie strebte (China versucht das auch, schon lange) spielten ökonomische Grundsätze keine Rolle. Die Betriebe mussten Kleinstserien entwickeln, die sich nie und nimmer rechneten. Stichwort Ausgaben: ich kenne jemanden, der nach der Lehre zum "Elektrofacharbeiter" (so ähnlich, muss ich fragen) mit 19 Jahren im VEB Robotron Elektronik in der "besonderen Produktion" (Militärtechnik, Polizei, Geheimdienst) Leiterplatten und Bauteile verlötet hat. Die Person hatte mit knapp 19 Jahren 1200,- DDR Mark im Monat und bekam eine schicke Neubauwohnung... Um das mal ins Verhältnis zu setzen: ich kenne Projektanten/Programmierer bei Robotron, die Mathematik studiert hatten, spezielle Anwenderlösungen entwickelten und ungefähr das gleiche Geld hatten - aber mit Anfang 50... Ebenso kenne ich Hochschullehrer, die auch um die 1200-1300 Mark im Monat hatten. Ich an dem Beispiel nur deutlich machen, wo die DDR Prioritäten setzte! Und ja, das macht Nordkorea heute im Extrem, aber die DDR hatte auch Prioritäten. Die DDR war ab Mitte der 1980er auch deshalb so dringend auf Devisen angewiesen, weil die Sowjetunion jetzt ihre Gas- und Öllieferungen in Dollar und zu Weltmarktpreisen haben wollte. Bis zu den Ölkrisen lief das ungefähr so: die DDR lieferte Elektronik (und anderes) an die Sowjetunion und bekam dafür Rostoffe aus der Sowjetunion. Das war ein guter Deal für die DDR: sie konnte die Rohstoffe weiterverarbeiten und für "richtiges" Geld (DMark) an den Westen verkaufen. Nach der Ölkrise fielen die Preise, aber die Einkaufspreise waren schon langfristig festgelegt, ebenso die Verkaufspreise. Die Profite der DDR verschwanden. Die Sowjetunion brauchte Unsummen für Afghanistan, Tschernobyl explodierte 1986 und kostete nochmal ein Vielfaches, die Sanktionen der USA und des Westens wirkten langsam. DESHALB sollte Gorbatschow als Generalsekretär die Sowjetunion retten. Die Sowjetunion konnte es sich schlicht nicht mehr leisten, die DDR und all die anderen Sozialistischen Länder zu päppeln...Das spürte die DDR direkt. Honecker hat doch den Ausreiseerleichterungen nur zugestimmt, weil es nicht mehr anders ging. Deshalb ist es schon legitim, auf die immer noch aktuellen Akteure hinzuweisen, die damals (wie heute) vor allem ihre eigenen Vorteile im Kopf haben. Die sich wenig um die "normale" Bevölkerung scherten. Die eben bereit waren, der Volkswirtschaft Lasten aufzubürden (Geheimdienst, Militär, Partei), und dann die Erzeugnisse mit Verlust verkauften, nur damit das Sozialistische System weiter existiert. Vielleicht erinnern sich ja mehr Menschen daran, wie es auch war, wenn hier solche Beiträge stehen bleiben. |