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12.03.2021, 21:02 Uhr
Egon
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Hallo Rainer,
es wird Zeit Dir zu schreiben was passiert ist, und das war nicht wenig.
Die wichtigste Nachricht zuerst...... das Gerät ist repariert und macht was es soll. Wir haben alles dokumentiert in Text und Bild. Daraus aber einen Reparaturbericht zu machen wäre wie einen Roman zu schreiben. Ich habe unzählige russische und polnische Seiten erforscht und zum Ende dann die Bestätigung bekommen das es ein Modell 1 und ein Modell 2 gibt. So jedenfalls endeten die Nachforschungen in russischen Foren.
Als Unterlagen standen mir ein PDF aus einer russischen Fachzeitung und ein originales Handbuch von 1988 zur Verfügung. Beide jedoch sind bezogen auf die vorgefundene Schaltung und Bilder aus dem Netz nicht oder nur teilweise mit dem Gerät identisch. Es kommt hinzu das es extrem viele Fehler bzw. Abweichungen zwischen Text und Schaltung gibt. Nicht alle Bauteile sind richtig bezeichnet oder im Schaltplan auch nicht richtig gezeichnet. Das hat richtig viel Arbeit gemacht da ordentlich durch zu blicken.
Um es kurz zu machen, das Digitalteil war absolut i.o., es wurden nur die Elkos und die roten Cs im Signalweg ersetzt. Das Netzteil hat neue Elkos bekommen und wurde neu eingestellt. Das Hochspannungsteil war die Ursache für den durchgebrannten Sicherungswiderstand. Die Ableitung in die Kaskade hatte einen Feinschluss zum Masseband des Wandlers. Alle Kondensatoren in dieser Umgebung (2kv, -680V, +80V) wurden ersetzt. Dabei haben wir auch diverse Reihenschaltungen von Hochspannungskondensatoren durch passende einzelne WIMAs (teilweise auch größer) ersetzt. Nun hielt der Sicherungswiderstand durch, die Zeit bis zur Betriebsbereitschaft hat sich um ca. 10 Sek. verlängert wegen der größeren Cs.
Nun war es möglich sich dem Fehler schrittweise zu nähern. Die ursprüngliche Anzeige mit den durchlaufenden Ziffern bedeutete eigentlich nur das der Zähler überläuft und nicht wie vorgesehen bei 3000 neu startet. Zum Einsatz kommt in der Schaltung ein einfacher Dual Slope-Wandler und ein exotischer 4 fach FET-Schalter. Der Wandler besteht aus 2 KP303, einem KP301, einem OPV K140UD8, einem KR544UD2 sowie Referenzquellen für + und - 4V. Eine Stromquelle stellt die Ströme zur R-Messung bereit. Der von der Logik gesteuerte FET-Schalter (K190KT2P) wird mit 4 Transistoren KT361 angesteuert wenn alles passt. Eine sinnvolle Einzelsteuerung dieser komplexen Schaltung hat sich nicht finden lassen, eine Einspeisung eines TTL-Signals in den Ausgang vom Wandler ergab jedoch das der Überlauf nicht zustande kam und somit das Digitalteil i.o. ist. Rein statische Messungen am Wandler waren nicht so richtig schlüssig. Wir haben deshalb kurzer Hand bei EVITA.lt alle mir fehlenden Teile (KP301,K190KT2P,KR544UD2) bestellt und den ganzen Wandler mit neuen Teilen bestückt. Das hat keine 10€ gekostet und führte zum sofortigen arbeiten von Wandler und nachfolgender Schaltung. Abschließend wurden dann auch auf diesem Board alle roten Cs im Signalweg durch hochwertige MKT oder Folientypen ersetzt. Da nun alles wieder funktionierte kam der Zeitpunkt alles wieder ordentlich einzustellen was auch ohne Probleme möglich war. Alle Punkte aus dem Handbuch wurden der Reihe nach abgearbeitet. Zuerst das Oszi-Teil. Helligkeit, Astigmatismus und Strahlrotation konnten exakt eingestellt werden. Symmetrie, Verstärkung, Linearität und Frequenzkompennsation des Y-Verstärker ging auch ohne Probleme. Die Zeitablenkung, der Trigger sowie der einfache Prüfausgang stimmten auf Anhieb. Danach wurden die Regler für die Anordnung der Ziffern so eingestellt das sich eine gefällige Anzeige ergibt, ohne Schleier und mit "scharfen" 7 Segment Symbolen ohne hell strahlenden Dezimalpunkt.
Nachdem diese Grundfunktionen stabil gegeben waren ging es an den Abgleich vom Wandler. Um es kurz zu machen, für so ein "Abfallprodukt" im Oszi mit 3,5 Stellen funktioniert das Ding super. Im kleinsten Messbereich (< 2,5V) beträgt die Abweichung bei Vollaussteuerung max. 1mV. Die größeren Bereiche bis 1000V weichen max. um 0,02% ab. Selbst die einfache Stromquelle mit nur einem Transistor macht einen guten Job. Angeschlossene 0,05%ige Widerstände werden exakt angezeigt. Da aber für alle Referenzen im Gerät die Dioden D818D verwendet werden ist das nicht weiter verwunderlich. Diese Dinger werden in fast allen russischen Geräten immer dann genommen wenn Präzision angesagt ist.
Wir haben nun eine umfangreiche Sammlung an übersetzten Texten aus Foren angelegt sowie Pläne und Teilelisten korrigiert. Wer also mal in die Verlegenheit kommt so ein Teil reparieren zu wollen kann gern bei mir anfragen.
Mein Neffe freut sich nun aber mächtig. Ein kleines Oszi mit fast 12 MHz Grenzfrequenz das mit nur einem Taster zum recht genauen Multimerter wird das analoge Werte auf einer echten Röhre anzeigt hat halt nicht Jeder.
Grüße Egon Dieser Beitrag wurde am 12.03.2021 um 21:06 Uhr von Egon editiert. |