Robotrontechnik-Forum

Registrieren || Einloggen || Hilfe/FAQ || Suche || Mitglieder || Home || Statistik || Kalender || Admins Willkommen Gast! RSS

Robotrontechnik-Forum » Technische Diskussionen » Netzfilter KC87 (166-5551) - Innenschaltung/Nachbau » Themenansicht

Autor Thread - Seiten: -1-
000
05.03.2019, 15:25 Uhr
7F7F



Guten Tag,

ich möchte hier meine Erfahrungen bzgl. des Nachbaus des Netzfilters vom Kleincomputer KC87 schildern. Es hat die Bezeichnung 166-5551 bzw. 166-5551/X. Wer den Unterschied zwischen der Ausführung mit und ohne "/X" kennt, kann mir diesen bitte gerne mitteilen.

Vielleicht sind die Informationen für den einen oder anderen nützlich, da diese Filter mit den Jahren unzuverlässig werden können, vgl. z.B.:

http://www.robotrontechnik.de/html/forum/thwb/showtopic.php?threadid=9492
http://www.robotrontechnik.de/html/forum/thwb/showtopic.php?threadid=13020

Vorgeschichte: Eines Tages nach >1h Betrieb meines KC87 hörte ich plötzlich eine Art Blubbern aus dem Netzteilbereich. Das Gerät lief zwar weiter, ich habe aber schnell abgeschaltet. Zuerst dachte ich an den Primär-Becherelko C3 (50µF/350V). Die Deckeldichtung war jedoch ok und die Messung zeigte, daß er auch noch in Ordnung war. Während der KC zum Test mit offenem NT lief, konnte ich nach einiger Zeit ein lauter werdendes Netzbrummen hören, und zwar aus dem Netzfilterbereich. Nach Abschalten stellte ich fest, daß es sehr heiß geworden war.

Nach der von kaiOr genannten Methode (Heißluft) habe ich das Filter zerlegt.
Es beinhaltet eine stromkompensierte Drossel am Eingang, gefolgt von 2 parallelgeschalteten C's (1x MKT + 1x MP ohne Gehäuse) nebst Entladewiderstand, 2x Y-Kondensatoren (MP ohne Gehäuse) sowie einer Längsdrossel. Bis auf den MKT-C sind die Bauteile nicht beschriftet.




Ich habe mich für einen Nachbau des Filters unter Beibehalten des Originalgehäuses entschieden.
Warum Nachbau? Viele übliche Netzfilter haben keine Längsdrossel, sondern nur eine stromkompensierte Drossel eingebaut.

Insbesondere die Längsdrossel ist für die Filtercharakteristik im unteren Frequenzbereich bis zu einigen hundert kHz wichtig. Deshalb ist nicht jedes beliebige Filter verwendbar, wenn man Wert auf die Einhaltung der Grenzwerte legt. Ein Test des KC87 mit einem gerade vorhandenen Filter Corcom 6CHS1 zeigte bis 400kHz Überschreitungen der Grenzwerte für Class B (Heimbereich) um bis zu 10dB.

Filtercharakteristik: da ich noch ein zweites baugleiches, (noch...) funktionierendes Filter 166-5551 besitze, konnte ich die common-mode - Charakteristik ausmessen:



Die Ausfallursache von dem Filter ist wahrscheinlich Feuchtigkeit durch ein undichtes Gehäuse. Das Gehäuse ist verlötet bis auf eine Kante, wo das umlaufende Gehäuseblech übereinandergelegt und punktgeschweißt ist. Dort ist bei dem defekten Filter nicht durchgehend verlötet worden.

Drosseln: durch die Erhitzung beim Zerlegen des Filters mit Heißluft habe ich der Isolation der ansonsten noch funktionierenden Drosseln nicht mehr so ganz vertraut.
Nach Ausmessen von Werten und Frequenzgang habe ich heute verfügbare Bauteile mit möglichst ähnlichen Parametern verwendet (ebenfalls nachgemessen und verglichen).

Kondensatoren: Es war festzustellen, daß die Y-Kondensatoren einen stark verringerten Isolationswiderstand aufwiesen. Dies spiegelte sich in scheinbar vergrößerter Kapazität wieder.
An dem zweiten baugleicher Filter konnte ich durch Messung von außen die ursprüngliche Kapazität der Y-C's abschätzen:

Messungen an teilw. defekten, zerlegtem Filter:
Cx1=91nF (MKT)
Cx2=86nF(MP) *
Cy1=8,2nF(MP) *
Cy2 mech. beschädigt
*) Meßwerte verfälscht, da Isolationswiderstand durch Feuchtigkeit verringert.
Längsdrossel: ca. 900µH @ 10kHz
Stromkompensierte Drossel: 2x 9,4mH @ 10kHz

Messungen an weiterem, ancheinend noch intakten Filter:
Kapazität zw. PE-L bzw. PE-N: 7,7nF
--> Cy1 und Cy2 ca. 3,3nF (gemessen wurde Cy1 || [Cx1 || Cx2 + Cy2] mit Cx >> Cy).

Neue Kondensatoren:
Ersatz der Y-C's durch je 2,2nF Keramik(Y), Ersatz der X-C's durch einen einzigen MKP(X2) mit 220nF.

Herausgekommen ist dabei folgender Schaltplan:



Aufbau erfolgte auf zwei Platinen, diese sind durch PE-Drähte an den Ecken miteinander verbunden. Nach dem Aufbau wurden Bauteile und Leiterseite mit Polyurethan-Lack überzogen. Das Paket wird so wie dargestellt in das Filtergehäuse geschoben. Die Isolationslagen wurden wieder verwendet. Das vorhandene restliche Wachs wurde (nur für die mechanische Fixierung) verwendet. Die beiden blanken PE-Drähte werden von innen ans Gehäuse gelötet.
Der Deckel wurde wieder aufgesetzt und verlötet, zum Schluß wurden die durchgeführten Drähte verlötet.




Vergleichsmessungen der Störaussendung des KC87 im Betrieb über die Netzleitungen.

Messung mit dem noch funktionierendem Originalfilter:



Messung mit dem nachgebauten Filter:


Edit: habe gerade gesehen daß die Bilder viel zu groß sind, sorry.

Dieser Beitrag wurde am 05.03.2019 um 15:34 Uhr von 7F7F editiert.
Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
001
05.03.2019, 19:11 Uhr
schlaub_01



Hallo 7F7F,

das ist ja mal ein super Beitrag. Leider haben sich bei mir auch schon zischenderweise 2 Netzfilter verabschiedet. Man sah dann hinterher richtig eine Verschiebung der Spannungsabfälle zwischen dem Gehäuse und den jeweiligen Anschlüssen. Leider hängt ja der Netzfilter direkt am Netzkabel und vor dem Schalter, so daß ich es vermeide den KC lange unbeaufsichtigt an der Steckdose zu lassen, egal ob an oder aus.
Also nochmal vielen Dank für Deine Forschungsarbeit!

Grüße,
Sven.
Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
002
05.03.2019, 19:12 Uhr
Klaus



Hallo 7F7F,

herzlich Willkommen im Forum.

Einen ganz prima ersten Beitrag hast Du da gleich verfasst. Vielen Dank für die Mühe und die genaue Untersuchung.

Als ich meinen KC87 damals bekommen hatte, wurde der Netzfilter Anfangs auch relativ warm.
Möglicherweise war da auch etwas Feuchtigkeit eingedrungen. Das hatte sich aber nach einiger Zeit gegeben. Vermutlich ist die Feuchtigkeit verdampft.
Wo und wie der Vorbesitzer den KC87 damals gelagert hatte, weiß ich natürlich nicht.

Auch wenn mein Netzfilter bisher noch ok ist, finde ich Deine Entwicklung eine prima Alternative.
Vielleicht magst Du Dich ja noch ganz kurz vorstellen.

Danke.
Viele Grüße,
Klaus
Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
003
06.03.2019, 19:07 Uhr
7F7F



Hallo und vielen Dank für die positive Resonanz auf den Beitrag.
Wie entsteht mein Bezug zur Robotron-Technik: erst 1991 bin ich als Jugendlicher zu meinem ersten KC gekommen - ein KC85/4.
Davor hatte ich mit KC87 in AG's und zuletzt in der Schule mit KC85/3 schon ein wenig programmiert.
Den KC85/4 habe ich damals mehrere Jahre genutzt und dabei schon vieles über die Funktionsweise eines Computers gelernt; das wäre wohl anders gewesen, wenn ich mich stattdessen für den zu der Zeit sehr populären C64 entschieden hätte.

Ein ausgemusterter KC87 und ein Drucker K6304 kamen dann noch aus einem Jugendclub dazu. Die Geräte habe ich heute noch, nutze sie aber nicht mehr regelmäßig. Dennoch halte ich sie zu Demonstrationszwecken einsatzbereit.

Die Robotron - Technik finde ich noch immer interessant, aus dem Blickwinkel eines Elektronikentwicklers, aber auch aus grundlegendem Interesse an dem Aufbau und der Realisierung der doch vielen Geräte.

Grüße, Oliver
Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
004
06.03.2019, 19:33 Uhr
Klaus



Hallo Oliver,

vielen Dank für die Infos zu Deinen Berührungspunkten mit der alten DDR Computertechnik.
Nach der Wende war für viele die alte Technik aus DDR-Zeiten völlig uninterssant geworden .... ging mir genauso.
Doch einige Jahre später kam dann irgendwie der Wunsch auf ... die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, wobei ich mangels Beziehungen u.s.w. damals (zu Ost Zeiten) eher in die Sinclair ZX Spectrum Ecke abgedriftet war.

Der wirkliche Anstoß für mich, begann mit der "Erschaffung" der Seite "Robotrontechnik.de" und natürlich mit dem Forum.
Nur dadurch ist die alte Technik wieder eines meiner Hobbys geworden und ohne das Forum hatte ich viele der netten Hobbyfreunde nie kennen gelernt. Es sind daraus Freundschaften entstanden und einer hilft dem anderen, soweit es möglich ist.... einfach super.

Also Danke an die Schöpfer der Internetseite und des Forums.

Ich habe gerade gesehen, dass Du schon seit 2017 registriert bist und freue mich um so mehr, dass wieder ein Fachmann mehr bei uns aktiv ist.
Fachwissen ist immer gefragt und wie ich sehe, hast Du auch Zugang zu moderner Messtechnik ;-)

Viele Grüße,
Klaus

Dieser Beitrag wurde am 06.03.2019 um 19:54 Uhr von Klaus editiert.
Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
005
07.03.2019, 11:15 Uhr
7F7F



Da es anscheinend bei manchen zu Anzeigeproblemen der verlinkten Grafiken kommt, habe ich diese nun direkt bei RT hochgeladen.


Originalfilter zerlegt:






Filtercharakteristik Originalfilter 166-5551 common-mode:



Schaltung neues Filter:



Fotos Aufbau:






Vergleichsmessungen der Störaussendung des KC87


Messung KC87 mit 166-5551:




Messung KC87 mit nachgebautem Filter:

Seitenanfang Seitenende
Profil || Private Nachricht || Suche Zitatantwort || Editieren || Löschen
Seiten: -1-     [ Technische Diskussionen ]  



Robotrontechnik-Forum

powered by ThWboard 3 Beta 2.84-php5
© by Paul Baecher & Felix Gonschorek