Partikelanalysatoren

Partikelanalyse ist der Nachweis von Fremdkörpern in Flüssigkeiten (=Suspensionen, Gasbläschen, Tröpfchen) oder Gasen (=Stäube oder Aerosole). Falls das zu messende Material nicht bereits in ein geeignetes Trägermedium eingebettet ist, kann es vorher in ein solches eingeleitet werden. In der DDR wurden für die Partikelanalysen als Trägermedium stets Flüssigkeiten verwendet.

Ziel der Partikelanalyse ist die Beantwortung der Fragen: Welche Partikelgrößen sind in der zu prüfenden Substanz enthalten (qualitative Auswertung) und in welcher Menge (quantitative Auswertung)?

Für die quantitative Auswertung stehen mehrere Verfahren zu Verfügung: Zur Auswertung wird ein mit Messkarten ausgestatteter Computer benutzt, der die Licht- bzw. Stromschwankungen der Sensoren misst.

Die qualitative Auswertung ließ sich ebenfalls in gewissen Grenzen durch den Messrechner vornehmen. Eine weitere Unterscheidung von Größenklassen konnte man durch eine vorangegangene Partikeltrennung erreichen. Man nahm dazu eine Apparatur, die die Partikel abhängig von ihrer Größe/Masse innerhalb eines Gefäßes an unterschiedliche Stellen bewegte (z.B. durch elektrostatische Beeinflussung) und siebt mithilfe eines an passender Stelle befindlichen Loches die gewünschten Partikel aus.
Da sich auf diese Weise sehr kleine Partikel (z.B. Feinstaub) nicht nachweisen lassen, kann man versuchen, diese durch Anlagerung einer Hilfssubstanz zu vergrößern (z.B. Nutzung als Kristallisationskeime).


Partikelanalyse an der TU Dresden in den 1980er Jahren

Entwickler dieser Messrechner in der DDR war das Methodisch-Diagnostische Zentrum "Granulometrie" der TU Dresden, federführend Prof. Dr. Heidenreich. Außerdem war die Firma Robotron-Messelektronik Dresden an der Entwicklung beteiligt. Finalproduzent und Hersteller blieb, in Ermangelung williger Industriehersteller, der Wissenschaftliche Gerätebau der TU Dresden. Die genauen Stückzahlen sind nicht bekannt. Da von einer Produktionskapazität von 25 Exemplaren für das Jahr 1988 berichtet wurde, ist auszugehen, dass in der DDR insgesamt nicht mehr als 100 Exemplare produziert wurden.


Sensoren

Feldstörungssensor

Die Entwicklung der TU Dresden ging anfangs in Richtung eines Feldstörungssensors und eines Extinktionssensors. Da der Extinktionssensor geringere Anforderungen an Konstruktion und Fertigung stellte, wurde zugunsten dessen die Entwicklung des Feldstörungssensors abgebrochen.


Weißlicht-Extinktionssensor

Dieses Gerät wurde vom Wissenschaftlichen Gerätebau der TU Dresden hergestellt und in den Partikelanalysatoren PA87/1 und PA88/1 verwendet. Der Partikelanalysator war damit in der Lage, in Flüssigkeiten Partikel (Feststoffe, Tropfen oder Blasen) mit Durchmessern zwischen 1,2 µm und 250 µm und einer Konzentration von 0-8000 Teilchen pro cm³ zu messen sowie im Bereich 40-290 µm Größenmessungen vorzunehmen. Kleinere Partikel waren aufgrund der ungenügenden Auflösung des Weißlichts nicht möglich; in dieser Richtung brachte der Lasermesskopf Abhilfe.


Weißlicht-Extinktionssensor

Die Einrichtung bestand aus einem Vorratsgefäß (150-ml-Glaszylinder), in dem sich die zu prüfende Substanz befand. Ein per Elektromotor (aus dem Modellbahnumfeld) angetriebenen Glasstabrührer verhinderte, dass sich darin Schwebstoffe absetzten (Sedimentation). Über ein computergesteuertes, elektromagnetisches Ventil lief die Flüssigkeit über einen Schlauch von oben in den Messkopf, durch eine Glasküvette und anschließend in ein darunter stehendes Becherglas. Die Glasküvette wurde durch Licht aus einer elektronisch stabilisierten 20W-Halogen-Lichtquelle nach Durchgang durch eine optische Bank (Linsen und Blenden) seitlich beleuchtet und die darin fließenden Partikel mit einem auf der Gegenseite angeordneten Lichtdetektor als Verdunkelungen erfasst.


geöffnete Vorratseinheit mit dem Magnetventil

geöffneter Messkopf, links die Lichtquelle, rechts die Küvette

Rührereinheit, innen

Herstellerangabe auf dem Messkopf

Um die Messwerte kalibrieren zu können, war im Sensor ein Motor eingebaut, der durch ein im Strahlengang wirbelndes Ärmchen quasi ein "Normpartikel" simulieren konnte. Über ein Potentiometer war mit einem Kalibrierprogramm das "Normpartikel" auf die zugehörige Partikelgröße einzustellen.


Kalibrator

Kalibrierprogramm

Zur Verdünnung der Prüfsubstanz musste hochreines Wasser benutzt werden, das selbst keinerlei Schwebstoffe besitzen durfte. Dieses Wasser konnte z.B. in kleinen Mengen mit Filterung von destilliertem Wasser durch eine Kernspurmembran (Zellstoff-Acetat-Membran CA-M aus dem "Zellstoff- und Zellwarenwerke Wittenberge", durch Ionenbeschuss durchlässig gemacht) gewonnen werden.


Kernspur-Wasserfilter

Nach jeder Messung war der Messkopf mit derart gereinigtem Wasser auszuspülen. Etwaige Verstopfungen des Durchflusses waren mit einer Kunststoffborste oder einem rückwärts gerichteten Wasserstrahl zu beseitigen. Ein Sedimentieren im Becherglas konnte verhindert werden, indem dieses in eine Ultraschallwanne gestellt wurde. Die Ultraschallschwingung pflanzte sich durch den Wasserstrahl nach oben fort und verhinderte so auch eine Sedimentierung in der Glasküvette.

Schwachstelle des Sensors war die Bedienung: zum Einfüllen der zu prüfenden Flüssigkeit musste stets der Rührermotor samt Glasstabrührer abgenommen, was immer mit der Gefahr des Bruchs von letzterem verbunden war. Falls beim Einfüllen versehentlich Wasser neben den Glaszylinder floss, gelangte dieses ins Gehäuse und konnte dort zu Schäden führen.

Ein Exemplar dieses Sensors hat vorführbar im Rechenwerk Halle überlebt.


Laserstreulichtsensor PAS-LS

Dieses Gerät wurde vom Wissenschaftlichen Gerätebau der TU Dresden entwickelt und sollte 1990 in den Partikelanalysatoren PA87/1 und PA88/1 verwendet werden. Sein Vorteil gegenüber dem Weißlichtsensor lag in der Möglichkeit, auch Partikelgrößen < 1,5 µm Durchmesser erfassen zu können. Es gab allerdings Probleme, einen Produktionspartner dafür zu finden. Somit ist es unsicher, ob dieser Sensor jemals über den Prototypenstatus hinausging.

Zum Einsatz des Lasersensors waren Umrüstungen am Messrechner erforderlich. Die so geänderten Messrechner wurden als "PSA/U" bezeichnet.

Der Preis für den Sensor lag in der DDR bei 17.500 Mark zuzüglich 10.000 Mark Nutzungsentgelt, nach der deutschen Wiedereinigung bei 14.280 DMark. Wahrscheinlich hat kein Exemplar bis heute überlebt.


Partikelanalysator PA87/1

Dieses Gerät wurde ab 1987 vom Wissenschaftlichen Gerätebau der TU Dresden in kleiner Stückzahl gebaut. Die Anlage bestand aus einem Weißlichtkopf oder Laserkopf, der Analysesoftware (ebenfalls in der TU Dresden entwickelt) und dem Messrechner PSA1303, der als OEM-Gerät vom VEB Messelektronik Berlin bezogen und um drei in der TU Dresden gebaute Leiterplatten (Analogkarte als programmierbarer Verstärker, ADU-Karte zur Digitalisierung der Messdaten und eine ROM-Karte für die Software) sowie eine Stromversorgung für die Lichtquelle ergänzt wurde.


Partikelanalysator PA87/1

Rückseite des PA87/1

Analogkarte

ADU-Karte

ROM-Karte

Betriebssystem und Anwendersoftware befanden sich in EPROMs (insgesamt 32 KByte), waren also direkt mit dem Einschalten des Gerätes verfügbar. Um kurze Auswertezeiten zu erhalten, war die gesamte Software in Assembler geschrieben. Nach der Einschalten führte der Rechner einen Selbsttest aus, gab einen Hinweistext zu seiner Bedienung aus, ermöglichte anschließend die Kalibrierung des Sensors und ging anschließend ins Hauptmenü, in dem verschiedenen Messarten ausgewählt werden konnten, im wesentlichen Forschungsmessungen sowie Routinemessungen. Forschungsmessungen dienten der Auffindung der optimalen Analysebedingungen für die späteren Routinemessungen. Mit dem Verfahren der Vielkanalanalyse konnte nicht nur die Anzahl der Partikel in der Probe erfasste werden, sondern auch ihre Größe, aufgesplittet in 64 Größenklassen.


Startbildschirm des PA87/1

Hauptmenü

Partikelmessung

Partikelauswertung

Die gemessenen Daten konnten tabellarisch und grafisch auf dem Bildschirm dargestellt sowie auf einem Drucker K6303, K6311 oder K6313 ausgegeben werden. Eine Kopplung mit anderen Rechnern war nicht vorgesehen, ebenso wenig eine externe Tastatur: der Rechner wurde ausschließlich menügeführt mit der im Rechner befindlichen Fronttastatur bedient.

Der Preis für das Messsystem betrug 95.000 Mark, wobei 45.000 Mark auf die Hardware entfielen und 40.000 Mark als Nachnutzungsgebühr für die Software.
Von diesem seltenen Gerät hat heute wahrscheinlich nur 1 Exemplar überlebt. Es befindet sich im Rechenwerk Halle und ist funktionsfähig. Sein früherer Einsatzzweck war die Messung von Aktivkohlefiltern im "Forschungszentrum für Abwassertechnik" in Dresden.


Partikelanalysator PA88/1

Dieses Gerät wurde ab 1988 vom Wissenschaftlichen Gerätebau der TU Dresden in kleiner Stückzahl gebaut. Es basierte auf dem Computer MC80.3x vom VEB Elektronik Gera, zu dem die TU Dresden durch die Entwicklung des Logikanalysators MC80-LA bereits geschäftliche Beziehungen hatte. Der PA88/1 stellte chronologisch den Nachfolger des PA87/1 dar. Welcher Grund für den Weggang vom zuvor favorisierten Messrechner PSA1303 war, ist unbekannt.


PA88/1

Rückansicht des Gerätes

Innenansicht des PA88/1

Typenschild des PA88/1

Neben den drei schon im PA87/1 eingesetzten Karten kamen aus Produktion des Wissenschaftlichen Gerätebaus der TU Dresden zwei weitere hinzu.


eine Bildschirmkarte

noch eine Bildschirmkarte

Vom PA88/1 hat 1 Exemplar in defektem Zustand und ohne Sensor überlebt.


Nachfolgemodelle

Mit dem Zusammenbruch der DDR wurden westliche Rechner verfügbar. Daher entwickelte die TU Dresden einen Leiterkartensatz für XT und AT-Computer und verwarf die Modelle PA87/1 und PA88/1, zumal sich die Herstellerfirmen der benutzten Computer schon bald in Auflösung befanden. Die Forschungen zur Partikelanalyse werden an der TU Dresden bis heute (2023) fortgesetzt. Fachfolgeentwicklungen der Partikelsensoren werden bei der Firma Topas GmbH in Dresden industriell gefertigt.




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