Mikrorechnergesteuerter Fahrkartenautomat - MFA

Allgemeines

(Alias Fahrscheinautomat, DR Fahrkarten)

Die Geschichte des MFA begann mit einem Messeauftritt, bei dem die Möglichkeiten der Rechentechnik demonstriert werden sollte. Dort wurde neben einem Rechner für den Fahrkartenschalter auch auch ein Fahrkartenautomat gezeigt. Dementsprechend gab es zwischen beiden Geräten einige Parallelen. Die Entwicklung beider Geräte erfolgte maßgeblich an der Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" in Dresden, die Fertigung übernahm das Reichsbahnausbesserungswerk "Roman Chwalek" in Berlin Schöneweide.


Fahrkartenautomat MFA

Fahrkartenautomat MFA

Der Fahrkartenautomat wurde in Bahnhofsgebäuden in eine Wand eingelassen und druckte dem Kunden, nach Eingabe der Zielbahnhofsnummer und der Auswahl einiger Möglichkeiten (wie Zugart und Ermäßigungen) sowie der Bezahlung durch eingeworfenen Münzen, eine Fahrkarte. Die MFA liefen rund um die Uhr, boten bei langen Warteschlangen an den Fahrkartenschaltern eine willkommene Alternative, schnell an eine Fahrkarte zu kommen. Wenn das Dienstpersonal am Fahrkartenschalter Arbeitsschluss hatte, blieb der MFA die einzige Möglichkeit des Fahrkartenkaufs.

Vom MFA wurden wahrscheinlich einige hundert Exemplare gebaut. Kleinere Bahnhöfe leisteten sich meist nur 1 Automat, größere Bahnhöfe z.T. auch mehrere.

An der Entwicklung der Nachfolge-Generation von Fahrkartenautomaten auf Basis des U880-Prozessors wurde damals bereits gearbeitet, ein produktiver Einsatz solcher Geräte ist bislang jedoch unbekannt. Als Nachfolgerechner sollte eine spezielle Version des Mansfeld MPC4-Computers eingesetzt werden.

Viele MFA überstanden auch die Umstellung auf D-Mark und waren bis zu einer Tarifanpassung im Jahre 1995 im Einsatz, die dann nicht mehr in der Software umgesetzt wurde.

Einige MFA konnten bis heute durch Eisenbahnmuseen erhalten werden, wobei aber derzeit kein betriebsfähiges Exemplar bekannt ist.
Die AG Märkische Kleinbahn in Teltow besitzt einen MFA, ebenso die Eisenbahnmuseen Schwarzenberg und Chemnitz-Hilbersdorf, wobei letztere beide nicht in der öffentlichen Ausstellung zu besichtigen sind (evtl. jedoch nach Voranfrage?).
Im S-Bahn-Museum Berlin soll auch ein MFA ausgestellt sein.


Bedienung

Die Bedienung erfolgte im Dialogsystem. Zur Wahl des Fahrtzieles war eine Bahnhofskennziffer einzugeben, die republikweit gleich war (entsprach meistens der Postleitzahl des Zielbahnhofes) und auf einer neben dem Automaten angebrachten Wandtafel ersichtlich war. Nach Eingabe der Bahnhofskennziffer konnte bei mehreren Fahrtmöglichkeiten zwischen diesen gewählt werden. Anschließend erfolgte die Wahl von ggf. notwendigen Ermäßigungen. Da die Fahrkarten immer nur für eine Person erstellt wurden, war der nächste Bedienschritt die Anzeige der Fahrkartendaten, des Fahrpreises und die Freigabe des Münzprüfers. Nach Einwurf der Münzen erfolgte der Fahrkartendruck und ggf. die Ausgabe des Restgeldes. Dann war der Automat für den nächsten Kunden betriebsbereit.


MFA-Fahrkarte der Deutschen Reichsbahn

MFA-Fahrkarte der Deutschen Bahn

Um die nun häufiger werdenden Fahrpreisanpassungen einfacher realisieren zu können, wurde die Software nach der Wende geändert und umfasste dann nur noch Zonenfahrkarten mit bis zu 12 Kilometerzonen (d.h. Zone 1 1-5 km, Zone 2 6-10 km, Zone 3 10-20 km etc.).
Die Zuordnung der Kilometerzonen zu Zielbahnhöfen erfolgte wiederum über einen Aushang.
Durch das deutlich komplexere Programm und zusätzliche Speicherung der Bahnhofskennziffer war nur die Speicherung von 300-400 Zielbahnhöfen möglich, was jedoch vollkommen ausreichend war.
Schließlich waren die Automaten im Gegensatz zu Fahrkartenautomaten der heutigen Zeit nur als Ergänzung zu vorhandenen Fahrkartenschaltern und nicht zu deren Ersatz entwickelt worden.


Hardware

Der MFA bestand aus dem abgesetzten Rechnerschrank und dem Geräteschrank, der die eigentliche Verkaufstechnik enthielt und in einen Wanddurchbruch eingebaut wurde. Eine einzeln-stehende Variante war neben dieser Einbauversion nicht verfügbar.
Die Steuerung übernahm ein Rechnerschrank auf Basis des K1510-Systems (Prozessor U808), der zusätzlich ein aufgesetztes Service-Bedienteil besaß. Dieses Service-Bedienteil verfügte über zwei Schlüsselschalter (Ein/Aus und Service/Verkaufsbetrieb), Diagnose-LED und ein zweites Ziffernsensorfeld zur Durchführung von Diagnose- und Wartungsarbeiten vom Rechnerraum aus.


Rechnergehäuse des MFA

Geräteschrank des MFA. Unten der Drucker

Zur Bedienung durch den Kunden gab es den Bildschirm (Datensichtgerät ANA-531), ein Ziffernsensorfeld mit einer "Fehler-Taste" (über die eine Bedienhandlung bei Falscheingabe abgebrochen werden konnte), eine einzelne Preisanzeige mit LED-Anzeige VQB-71, die auch bei der Zahlung den jeweiligen Restzahlungsbetrag anzeigte, den Münzeinwurf und den Ausgabeschacht, aus dem sowohl Fahrkarten als auch Restgeld ausgegeben wurden.

Der Fahrkartendruck und auch Ausdruck von Service-Belegen, Abrechnungen etc. erfolgte wie beim MSD mit einem modifizierten Fernschreiber F1200.
Zur Erhöhung der Fälschungssicherheit erfolgte der Ausdruck auf speziellen Fahrkartenpapier und mit einem Flügelrad-Symbol, das in üblichen Druckerzeichensätzen nicht enthalten war.
Im Gegensatz zum MSD wurde im MFA keine Positionierungsautomatik für das Druckerpapier verwendet, sondern fortlaufendes Papier ohne entsprechende Vordrucke benutzt. Auf dem Drucker saß eine Schneidvorrichtung, die das Papier nach dem Druck von der Rolle abtrennte.

Für die Restgeldausgabe verfügte der MFA über eine eigene Restgeldeinheit, in der verschiedene Münzsorten zur Rückzahlung in einzelnen "Säulen" aufbewahrt wurden. Das Auffüllen der Restgeldeinheit wurde dem Rechner im Servicebetrieb mit der Münzanzahl mitgeteilt, sodass der Automat einen Restgeldmangel rechtzeitig erkennen konnte und bei fehlender Rückgabemöglichkeit automatisch in die Betriebsart "bitte passend zahlen" wechselte.
Das vom Kunden eingeworfene Geld wurde in einem Münzprüfer mit verschiedenen Sensoren überprüft. Kriterien waren dabei die Dicke der Münze, ein Legierungstest, der Durchmesser und das Gewicht (anhand der Fallzeit).
Die Auswertung der Sensorenimpulse erfolgte direkt über den Rechner, was später dann auch die Umstellung auf DM per Softwareänderung ermöglichte.
Entsprechend der Ergebnisse der Sensorenauswertung wurde die Münze im Fall mit einer steuerbaren Klappe entweder in einen Münzzwischenspeicher geleitet oder dem Kunden direkt in den Ausgabeschacht zurückgegeben. Waren die Zahlung und der Fahrkartendruck erfolgreich, fiel das Geld über eine weitere Klappe in die im Geräteschrank angebrachte Geldkassette, was meist auch deutlich zu hören war.

Die MFA waren mechanisch äußerst robust, was nicht zuletzt aus dem Gewicht der Geräte (Rechnerschrank 75 kg, Geräteschrank 196 kg) hervorging. Weiterhin war im Geräteschrank eine Heizung mit 250 W Heizleistung untergebracht, um den störungsfreien Betrieb auch bei Temperaturen bis zu -5°C sicherzustellen (da der Automat nur als Einbauvariante verfügbar war, war mit niedrigeren Temperaturen ohnehin nicht zu rechnen).


Demontierter MFA

demontierter MFA


Platinenbestückung

KürzelK-NameSteckplatzErläuterung
ZVZK2011Platz 04Zentrale Verarbeitung-Zusatz
ZVE1MK2511Platz 05Zentrale Verarbeitungseinheit 1
ZVE2K2511Platz 06Zentrale Verarbeitungseinheit 2
PFSK3810.01Platz 08-11Festwertspeicher
OSSK3512.02Platz 12Operationsspeicher
EZUK2012Platz 19Echtzeituhr
ADB
Platz 13Anschlusssteuerung Dialogbetrieb (Steuerung Sensorfeld, Servicefeld, Wiederanlaufautomatik)
AMV
Platz 14,15Anschlusssteuerung Münzverarbeitung (Steuerung Münzprüfer, Zwischenspeicher, Restgeldeinheit, Leuchtanzeigen, Lüfter, Lautsprecher)
APA
Platz 16Anschlusssteuerung Preisanzeige
ADW
Platz 18Anschlusssteuerung Druckwerk
ABSK7010Platz 20Anschlusssteuerung Bildschirm



Platinen und Netzteile

Die Stromversorgung erfolgte analog zum MSD über STM-Module von Robotron.
Im Gegensatz zum MSD verfügte der MFA aber über eine EZU-Baugruppe (EZU=Echtzeituhr), die dem Rechner Tagesdatum und Uhrzeit zur Verfügung stellte und nur nach längerer Trennung vom Stromnetz eine Neueinstellung von Datum und Uhrzeit erforderte.

In den ersten Ausführungen des MFA war, wie beim MSD, der Rechnerschrank mit ASI-E und ASI-A Karten bestückt und entsprechende Adapterplatinen zur Steuerung der Peripherie vorhanden. Später ging man zur Fertigung spezieller K1510-Anschlussteuerungsbaugruppen über.

Die Speichererweiterung war beim MFA (im Gegensatz zum MSD) direkt über Änderungen auf der ZVE1-Platine ausgeführt (Zeichnungsnummer der Änderung 17.003.02.02.00).


Software

Der MFA enthielt nur die notwendige Verkaufssoftware; Dienstprogramme oder ein Betriebssystem waren nicht vorhanden.

Im Gegensatz zum MSD war im MFA ein umfangreiches Diagnosesystem enthalten, das Ausfälle an Baugruppen selbstständig erkannte und je nach Defekt auf den Ausfall reagierte. War z.B. eine Komponente der Restgeldeinheit defekt, so konnte ein Weiterverkauf in der Betriebsart "passend zahlen" trotzdem erfolgen. Bei Fehlern, die nur vorübergehender Art waren, ging der Automat in den Störungsbetrieb "vorübergehend keine Bedienung" und prüfte, ob die Fehlerursache abgestellt wurde. Dies konnte z.B. bei Feuchtigkeit am Sensorfeld passieren, bei der die Störung "Sensorfeld blockiert" erkannt wurde, der Automat aber nach dem Trocknen des Sensorfeldes selbständig den Verkaufsbetrieb fortsetzen konnte. Weiterhin führen auch Speicherlesefehler zu dieser Fehlermeldung.
Bei Fehlern, bei denen ein Eingriff des Entstörungspersonals unbedingt erforderlich war, erfolgte die Anzeige "Keine Bedienung". Der Fehlercode wurde bei diesen Fehlern auf dem Bildschirm angezeigt, sodass diese bei Störungsmeldung mit genannt und das Servicepersonal ggf. gleich passende Ersatzteile einpacken konnte.


Bildschirmausschrift des MFA

Ab 1986 wurde eine Ferndiagnosebaugruppe eingesetzt, die Störungen selbsttätig über eine Modemverbindung an die Instandhaltungswerkstatt meldete. Dort erfolgte ein Störungsausdruck auf einem Störungsdrucker, aus dem Datum, Uhrzeit und Art der Störung hervorgingen.
Die Ferndiagnosebaugruppe bestand aus einem zusätzlichen EFD-Einschub für den K1510-Rechner und einem eigenständigen Einplatinenrechner auf Basis des Prozessors U880.


Servicebetrieb

Mit Umschaltung des Automaten auf Servicebetrieb auf dem Servicefeld des Rechnerschrankes konnten Test-, Abrechnungs- und Einstellfunktionen aufgerufen werden. Die Ausgabe der Informationen erfolgte bei entsprechender Eingabe entweder über den Bildschirm oder über den Drucker. Der Bildschirm konnte über eine Mechanik nach hinten gedreht werden, damit das Servicepersonal sehen konnte, was gerade angezeigt wurde.

Da Abrechnung und Instandhaltung personalseitig getrennt waren und das Abrechnungspersonal keine technische Ausbildung zur Instandsetzung hatte, wurde dem Abrechnungspersonal kein Schlüssel für die Bedienung der Schlüsselschalter zugewiesen.
Das Abrechnungspersonal gelangte stattdessen in die Funktion "Verkauf" über eine entsprechend einzugebende Codezahl. Zur Sicherstellung, dass Unbefugte nicht Kenntnis dieses Codes erlangen konnten, hatte der Code einen variabel generierten Bestandteil, der jeweils im Servicebetrieb für den nächsten Servicebetrieb erstellt wurde (0009+variabler Code vierstellig).
Wurde der Servicebetrieb über diesen Code aufgerufen, so erfolgte automatisch der Ausdruck eines neuen Servicecodes, der dann für den nächsten Aufruf verwendet wurde.



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